Insgesamt 328 anerkannte Ausbildungsberufe gibt es aktuell in Deutschland, doch ein Großteil von ihnen ist vielen Schülerinnen und Schülern überhaupt nicht bekannt. Der Bremer Future Parcours schafft mit praktischen Übungen Abhilfe – und bringt jedes Jahr rund 3.000 Jugendliche in Kontakt mit ihren potenziellen Chefs von morgen.
Wer als Beobachter an einem Future Parcours teilnimmt, erlebt eine zugleich lebendige und konzentrierte Atmosphäre. Auf der einen Seite: Vertreter von Bremer Unternehmen, die präsentieren, welche Berufe es in ihrem Betrieb gibt und wie so ein Arbeitstag konkret aussieht. Auf der anderen Seite: Schülerinnen und Schüler der Klassen acht bis zehn, die auf lockere Weise in Kontakt mit vielen unterschiedlichen Arbeitgebern kommen.
Das Besondere an diesem Format: Die meisten Unternehmen bringen praktische Übungen mit, die den Jugendlichen handfeste Einblicke in den jeweiligen Ausbildungsberuf ermöglichen. Da ist zum Beispiel die Logistikerin, die eine Weltkarte zeigt, um globale Transportrouten durchzuspielen. Oder der Elektriker, der Schaltkreise schließen lässt. Oder die Handelskammer, die den Teilnehmenden mithilfe von Rätseln und Memorys auf spielerische Weise verschiedene Berufe und das Thema Ausbildung näherbringt.
„Im weiteren Sinne dienen die Future Parcours der Berufsorientierung“, erläutert Frank Priewe, Sprecher des Bereichs Berufsdienst beim Rotary Distrikts 1850. „Aber im Wesentlichen geht es darum, Schüler und Unternehmen niedrigschwellig miteinander in Kontakt zu bringen. Wenn das passiert, läuft der Rest eigentlich von selbst.“
Auf Initiative der acht Bremer Rotary Clubs, die das Format 2023 unter diesem Namen erfolgreich etabliert haben, finden seither jedes Jahr bis zu 16 Future Parcours an Bremer Schulen statt. Während der Veranstaltung durchlaufen jeweils rund 200 Jugendliche in Kleingruppen acht Stationen, an denen sie sich zehn Minuten den praktischen Übungen widmen und die Gelegenheit zum Gespräch mit den Arbeitgebern nutzen können. „Dabei kommt jeder Fünfte in nachhaltigen Kontakt mit einem Betrieb“, berichtet Priewe, „das ist ein großer Erfolg.“ Nachhaltig bedeutet in dem Fall: Es werden Daten ausgetauscht, und im Idealfall folgt daraus später ein Schnuppertag, ein Praktikum oder sogar ein Ausbildungsvertrag.
Die Arbeitswelt begreifbar machen
Rund 100 Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen sind schon mit an Bord, und angesichts der positiven Resonanz kommen stetig weitere hinzu. Die Kosten des Projekts trägt zur Hälfte die Bundesagentur für Arbeit – sofern gesichert ist, dass die andere Hälfte von Dritten übernommen wird. In diesem Jahr ist das, neben der ABIG, die Schütting-Stiftung, die als einen ihrer Stiftungszwecke die Förderung von Maßnahmen und Projekten zur Verbesserung der Berufsorientierung definiert hat.
„Die Schütting-Stiftung und auch die Handelskammer Bremen selbst unterstützen die Bremer Future Parcours, weil sie den Unternehmen die Möglichkeit bieten, die Arbeitswelt auf greifbare Weise in die Schulen zu bringen“, sagt Michael Zeimet, Geschäftsführer und Leiter Aus- und Weiterbildung bei der Handelskammer Bremen sowie Vorstandsmitglied der Stiftung. Für die Bremer Wirtschaft habe das Projekt eine große Bedeutung, weil es sie dorthin führe, wo die Fachkräfte von morgen zu finden sind – nämlich in den Schulen. Der Fachkräftemangel liege auch darin begründet, dass vielen Jugendlichen der praktische Bezug zur dualen Ausbildung fehle: „Und genau da setzen die Future Parcours an“, macht Zeimet deutlich. „Ideal wäre es darum, wenn perspektivisch jeder Schüler und jede Schülerin einer Allgemeinbildenden Schule wenigstens einmal daran teilnehmen könnte.“
Das würde auch Carola Brunotte, Bereichsleiterin der Agentur für Arbeit Bremen-Bremerhaven, unterstützen. „Aus unserer Sicht ist das ein sehr gutes Programm, weil die Jugendlichen über den praktischen Ansatz auf einer ganz anderen Ebene mit den Arbeitgebern ins Gespräch kommen als nur über Zeugnisse oder Bewerbungsgespräche“, sagt sie. Es sei immer wieder spannend zu beobachten, wie junge Leute, die kurz vorher noch schüchtern und zurückhaltend gewesen seien, plötzlich aus sich herauskämen: „Sobald sie ein Werkstück in der Hand halten, entwickelt sich oft eine ganz lebhafte Kommunikation. Und wenn es nicht passt, ist es ja auch nach zehn Minuten wieder vorbei.“
Positiv hervorzuheben ist aus ihrer Sicht, dass das Programm auch solche Jugendliche unterstützt, die per se vielleicht nicht die besten Voraussetzungen mitbringen, einen Ausbildungsplatz zu finden. „Bei den Future Parcours zeigen sich so viele Betriebe offen, auch ihnen eine Chance zu geben, und das finde ich toll.“
Die nächsten Termine, an denen sich Bremer Unternehmen beteiligen können:
- Mittwoch, 23. April, Oberschule Rockwinkel
- Mittwoch, 18. Juni, Gesamtschule West
- Donnerstag, 4. September, Oberschule an der Egge
- Mittwoch, 10. September, Oberschule Gröpelingen
Weitere Informationen zum Future Parcours und zu den Anmelde-Möglichkeiten:
jobtixx.com/futureparcours
Bild oben:
Schülerinnen und Schüler der Oberschule Walliser Straße an der Future-Parcours-Station von Arcelor Mittal Bremen.
Foto: Björn Hake