Bremer Kammern reichen gemeinsame Klage gegen Ausbildungsfonds ein

Es ist ein absolutes Novum in der Geschichte der Handelskammer Bremen: Gemeinsam mit weiteren vier Bremer Kammern hat sie Klage gegen das Gesetz zur Errichtung des Ausbildungsunterstützungsfonds im Land Bremen eingereicht. Ziel ist, dass das Gesetz für nichtig erklärt wird und außer Kraft tritt.

Die Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven, die Arbeitgeberseite der Handwerkskammer Bremen, die Hanseatische Rechtsanwaltskammer Bremen, die Apothekerkammer Bremen und die Zahnärztekammer Bremen haben am 12. Juli 2023 die gemeinsame Klage im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens beim Staatsgerichtshof Bremen eingereicht.

Die fünf antragsstellenden Kammern äußern in ihrer Klage schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Ausbildungsfonds. Die Klage wurde von der Bremer Rechtsanwältin und Notarin Dr. Claudia Nottbusch verfasst und stützt sich auch auf ein Gutachten des Berliner Verfassungsrechtlers Prof. Dr. Christian Waldhoff (Humboldt-Universität).

Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht sagte zur Einleitung des Normenkontrollverfahrens: „Die Wirtschaft in Bremen und Bremerhaven steht weiterhin geschlossen in ihrer Ablehnung gegen den Ausbildungsfonds. Der Fonds wird die Bürokratie und die Arbeitskosten in unserem Bundesland erhöhen, den Standort schwächen und nicht zur Verbesserung auf dem Ausbildungsmarkt beitragen.“ Es sei wesentlich sinnvoller, die bereits lange bestehenden Maßnahmen der Jugendberufsagentur und weiterer Anbieter weiter zu optimieren und die Berufsorientierung zu stärken.

Der Präses betonte, dass die bremischen Unternehmen aus eigenem Interesse ausbilden wollen und bereits eine Vielzahl an Ausbildungsplätzen für junge Menschen anbieten. Es falle den Unternehmen aber zunehmend schwerer, die angebotenen Plätze auch zu besetzen. „Die Idee, politisch etwas für die Ausbildung zu tun, ist richtig“, so Eduard Dubbers-Albrecht. „Aber als einziges Bundesland ein Landesgesetz zur Einführung einer Ausbildungsabgabe zu beschließen, ist inhaltlich falsch, in der Umsetzung bürokratisch und rechtlich unseres Erachtens nicht haltbar.“

Zumal Bremen im Bundesvergleich bereits überdurchschnittlich ausbilde: Der Anteil von Auszubildenden an der Gesamtzahl der Beschäftigten im Land Bremen liege bei 4,9 Prozent. In Hamburg liege der Anteil bei 4,0 Prozent, im Bundesdurchschnitt bei 4,8 Prozent.

Mit Blick auf die juristischen Aspekte des Normenkontrollantrages sagte Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Fonger: „Das Gesetz ist juristisch nicht haltbar. Nach Einschätzung der Juristen gibt es Verstöße gegen das Bremer Landesgesetz. Als Kammern sind wir dazu berechtigt, die Klage als Normenkontrollverfahren einzureichen.“

Die fünf wichtigsten Punkte der Klage sind:

1. Fehlende Gesetzgebungskompetenz

Das Land Bremen habe keine Gesetzgebungskompetenz, da es mit der geplanten Ausbildungsgarantie ein konkurrierendes Gesetzgebungsverfahren auf Bundeseben gebe. Damit einher gehe eine Sperrwirkung für die Länder, ein vergleichbares Gesetz zu erlassen.

2. Mangelnde Verhältnismäßigkeit

Wenn eine bestimmte Gruppe Sonderlasten zahlen muss, dann muss die Maßnahme verhältnismäßig und angemessen sein. Das ist sie nach Einschätzung der Kammern nicht, weil das Ziel allein durch die Ausbildungsabgabe nicht erreicht werden kann.

3. Verletzung des Gleichbehandlungsgebots

Da zum Beispiel die Kirchen keine Ausbildungsabgabe leisten müssen, obwohl sie ausbilden, werde das Gleichbehandlungsgebot verletzt.

4. Unerfüllte Voraussetzungen für Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion

Die Erhebung einer Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion könne nur unter bestimmten und sehr engen Voraussetzungen erfolgen. Dazu zähle die gruppennützige Verwendung, die in diesem Fall nicht gewährleistet sei.

5. Verletzung des Bestimmtheitsgebots

Die von einem Gesetz zu erwartende Berücksichtigung des Bestimmtheitsgebots und des Gesetzesvorbehaltes werden nicht beachtet. Stattdessen werden wichtige Entscheidungen unzulässigerweise in Rechtsverordnungen delegiert.

Thomas Kurzke, Präses der Handwerkskammer Bremen, sagte: „Mit dem Ausbildungsfonds mischt sich die Regierung in ein Gebiet ein, das nach den bewährten Regeln unserer Volkswirtschaft eindeutig den Tarifparteien überlassen bleiben sollte.“ Und Hans Jörg Kossmann, Mitglied der Arbeitgeberseite in der Vollversammlung der Handwerkskammer Bremen, ergänzte: „Der Fonds geht am Grundproblem auf dem Ausbildungsmarkt völlig vorbei. Es gibt nicht zu wenige Ausbildungsplätze, sondern zu wenige geeignete Bewerberinnen und Bewerber. Daran kann auch das viele Geld, das man mit dem Ausbildungsfonds bei den Betrieben einsammeln will, nichts ändern.“

Das Ergebnis des Bremer Staatsgerichtshofs wird mit Spannung erwartet, allerdings rechnen die Kammern erst im kommenden Jahr mit einer Entscheidung.