Außenwirtschaft in der Pandemie: Erfahrungsbericht von Michael F. Schütte, geschäftsführender Gesellschafter der Joh. Gottfried Schütte GmbH & Co. KG
„Corona führt dazu, dass die Digitalisierung des Mittelstandes ad-hoc eine völlig neue Bedeutung bekommen hat. Entwicklungen, die sonst Jahre gebraucht hätten, fanden innerhalb weniger Wochen oder Monate statt. Das bietet einerseits riesige Chancen zu höherer Produktivität, andererseits entstehen aber auch Risiken insbesondere bei Datensicherheit und Datenschutz. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist das Home Office: Während wir anfangs noch Sorge hatten, ob wir diesen Trend jemals wieder „zurück drehen können“, haben wir mittlerweile den Eindruck, dass ein Großteil unserer Mitarbeiter lieber im Büro arbeitet; nicht zuletzt, weil sie die positiven sozialen Kontakte dort schätzen.
Videokonferenzen haben mittlerweile ihren festen Platz im Arbeitsleben und werden auch in Zukunft viele Reisen überflüssig machen. Auf der anderen Seite ist es natürlich so, dass manche Probleme persönlich vor Ort geklärt werden müssen. Das betrifft insbesondere die Produktqualität. Dadurch, dass internationale Reisen fast unmöglich geworden sind, sind solche Probleme deutlich schwieriger zwischen Lieferanten und Kunden gemeinsam zu lösen. Andererseits beobachten wir in der momentanen Krise, dass beide Seiten stärker zusammenwachsen. Und dass sich selbst große Unternehmen des Einzelhandels bei der Verschiebung von Lieferterminen flexibler zeigen als früher.
Das Thema Hygiene wird künftig einen höheren Stellenwert haben: Ich bin davon überzeugt, dass auch in Europa viele Menschen künftig schon bei einer einfachen Erkältung einen Mundschutz tragen werden, so wie das in Asien seit vielen Jahren bereits der Fall ist. Aber auch wenn Maßnahmen wie Videokonferenzen, Abstandsgebote oder Masken alternativlos sind, stellen wir fest, dass der Raum für kollegialen Austausch und für kreatives Brainstorming kleiner wird.
Hinzu kommt, dass die Industrie aktuell ihre Lieferketten überdenkt. Just-in-time-Lieferketten könnten zum Beispiel auf vielen Stufen durch das Anlegen größerer Sicherheitsbestände abgepuffert werden. Dahinter steht die Frage, wie abhängig können und dürfen wir von einzelnen (asiatischen) Lieferländern sein? Möglicherweise kann Osteuropa ein Gewinner dieser Entwicklung sein.“