Wie funktionale Oberflächen das Leben erleichtern können

Die Oberflächen von Produkten müssen unterschiedlichste Anforderungen erfüllen können – manche schaffen das besser als andere. Bremen verfügt über außergewöhnlich große Kompetenzen in diesem Bereich und macht sie jetzt im Rahmen des Netzwerks Oberflächentechnik besser auffindbar.

Jegliche Interaktion zwischen Objekten oder Organismen findet über Oberflächen statt – selbst wenn wir etwas nur aus der Entfernung sehen oder hören, spielen Oberflächen eine entscheidende Rolle. Dementsprechend vielfältig ist das Feld der Oberflächentechnik: Der Bezug des Autositzes muss vor dem Einfluss von Sonnencreme geschützt werden, das Display der Fräsmaschine muss schmierige Fingerabdrücke abkönnen und die Waffel darf unter der Schlagsahne nicht zu schnell aufweichen. Die benötigten Kompetenzen für die Gestaltung vielfältiger Produkte überschneiden sich jedoch erstaunlich oft. Um den Austausch von Wissen und Erfahrungen zu fördern, haben Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft jetzt das offene Netzwerk Oberflächentechnik initiiert.

Das Land Bremen ist für einen solchen Zusammenschluss prädestiniert, weil sowohl in der Forschung als auch in der Anwendung ein umfassendes Know-how zu finden ist. Auf wissenschaftlicher Seite beteiligen sich bereits neun Einrichtungen an dem Austausch. Innerhalb der Wirtschaft war die Handelskammer Bremen eine treibende Kraft für die Gründung des Netzwerks. „Wir möchten gemeinsam mit den Forschungsinstituten unter Koordination des Fraunhofer IFAM die Vernetzung fördern, um Synergien zu heben“, erklärt Andreas Köhler, stellvertretender Leiter des Geschäftsbereichs Industrie, Innovation, Umwelt und Tourismus der Handelskammer. Auch in der Bremer Innovationsstrategie aus dem Juni 2021 wird die Oberflächentechnik als eine maßgebliche Querschnittstechnologie für fast alle Wirtschaftszweige genannt.

Das Auftakttreffen des Netzwerks fand am 6. Juli 2022 mit rund 30 Teilnehmenden in der Handelskammer statt. Über konkrete Pläne für das Netzwerk informierten neben Köhler auch die Koordinatoren Dr. Thomas Lukasczyk und Dr. Christoph Regula vom Fraunhofer IFAM. Dabei hoben sie auch die Bedeutung der Oberflächentechnik für unterschiedlichste Branchen hervor, beispielsweise den Korrosionsschutz, die Reibungsreduktion, die Selbstreinigung und die Erhöhung der Lebensdauer – neben der Optik, die oft ebenfalls eine große Rolle spielt. Weitere Treffen finden jetzt regelmäßig bei wechselnden Netzwerkpartnern statt.

Überschneidungen zwischen Tiefkühlkost und Flugzeugbau

Bremen verfügt über zahlreiche Branchenschwerpunkte, in denen das Thema eine sehr große Rolle spielt, beispielsweise in den Branchen Luftfahrt, Automobilindustrie oder auch Windenergie. „Es gibt aber auch Industrien, die weniger im Fokus stehen, zum Beispiel der Food-Bereich“, sagt Lukasczyk. „Wir sehen die Oberflächentechnik als verbindendes Glied zwischen all diesen Branchen.“ So gebe es beispielsweise Parallelen zwischen der Herstellung von Tiefkühlkost und der Eisreduzierung am Flugzeug. „Am Ende sind es in beiden Fällen die Oberflächen, die entscheiden, ob es zu einem Problem im laufenden Betrieb kommt“, erklärt Regula. Überschneidungen gebe es auch beim Thema Reibungsreduktion, das in der Logistik ebenso eine Rolle spiele wie im Nahrungsmittelbereich oder der Medizintechnik. Normalerwiese kämen diese Branchen jedoch fast nie miteinander in Kontakt.

„Wir möchten dazu anregen, dass Unternehmen sich die Dinge noch einmal anders anschauen“, so Regula. „Durch Kooperationen lassen sich oft drei bis fünf Jahre Entwicklungsarbeit sparen.“ Darüber hinaus verfügen alleine die Forschungseinrichtungen am Standort über jahrzehntelange Erfahrungen in dem Bereich und stellen Unternehmen das geballte Know-how zur Verfügung. Umgekehrt profitiere jedoch auch die Forschung von den Rückmeldungen und aktuellen Problemstellungen aus der Praxis.

Die dauerhafte Vernetzung bietet sich auch deshalb an, weil die Unternehmen und Forschungseinrichtungen sich immer wieder mit neuen technischen und politischen Entwicklungen auseinandersetzen müssen. Aktuell steht beispielsweise die Nachhaltigkeit hoch auf vielen Agenden, sowohl in Bezug auf umweltverträgliche Materialien als auch bezüglich der Energieeinsparungspotenziale. Aber auch die Entwicklung von Oberflächen für die Nutzung von Wasserstoff und Ammoniak sei angesichts der Energiewende ein großes Thema. Die Bewältigung solcher Aufgaben fällt leichter, wenn die beteiligten Forschungs- und Entwicklungspartner sich bereits gut kennen.

Kontakt:
Andreas Köhler
Handelskammer Bremen
Tel. 0421 3637-363
koehler@handelskammer-bremen.de

Dr. Thomas Lukasczyk
Fraunhofer IFAM
Tel. 0421 2246-197
thomas.lukasczyk@ifam.fraunhofer.de

Wissenschaftliche Netzwerkpartner

Bremer Institut für angewandte Strahltechnik (BIAS)
Faserinstitut Bremen
Fraunhofer Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM)
Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme (IWES)
Hochschule Bremen
Institut für Angewandte und Physikalische Chemie (IAPC) der Universität Bremen
Leibniz Institut für Werkstofforientierte Technologien (IWT)
Mapex - Center for Materials and Processes der Uni Bremen
Zentrum für Umweltforschung und nachhaltige Technologie (UFT)