Reparaturbetrieb? Nein! „Wir können weitaus mehr als Beulen zu beseitigen“, sagt Dirk Harms, Geschäftsführer der Bremerhavener Bredo Dry Docks GmbH. Seine Botschaft als Vorsitzender des europäischen Branchenverbandes SEA SMRC: Die Spezialisten für Instandsetzung, Wartung und Umbau von Schiffen halten den Welthandel in Bewegung.
Den großen Propeller und den Rumpf eines Frachtschiffs aus nächster Nähe zu betrachten, ist für Laien ein Erlebnis. Für einige 100 Schiffbauer der Bredo Dry Docks GmbH und ihrer Subunternehmen ist dieser Anblick dagegen alltäglich. Mit sieben eigenen Docks in Bremerhaven und Cuxhaven sowie der Möglichkeit, auch die Docks der Lloyd Werft zu nutzen, ist das Unternehmen derzeit der größte deutsche Standort für die Instandhaltung und Wartung sowie die Reparatur von Fracht-, Passagier-, Behörden- und Marineschiffen an der deutschen Küste.
„Der Welthandel wäre ohne uns in seiner heutigen Form undenkbar“, sagt Bredo-Geschäftsführer Dirk Harms, meint damit aber nicht allein das eigene Unternehmen. Der 54-Jährige ist noch bis Juni Vorsitzender des europäischen Verbandes der Umbauwerften SEA SMRC (Ship Maintenance Repair Conversion): „Unsere Branche wird vielfach unterschätzt, das macht es nicht gerade leicht für uns.“
Weltwirtschaftskrise brachte Spezialwerften in Not
In der Tat wird die Werftindustrie in Deutschland und Europa immer noch in erster Linie mit Schiffsneubau in Verbindung gebracht. Seitdem die Corona-Krise die internationale Passagierschifffahrt zum Erliegen gebracht hat, ist in den Medien und in der Politik immer wieder von den Sorgen der Neubauwerften zwischen Papenburg und Wismar die Rede. Doch als die internationale Handelsschifffahrt nach der Weltwirtschaftskrise mehr als zehn Jahre lang mit ganzer Kraft auf die Kostenbremse trat, nahm außerhalb der Branche kaum jemand die Sorgen der Spezialwerften für die Instandhaltung und Wartung von Schiffen zur Kenntnis: „Für etliche Betriebe waren das schwierige Zeiten, weil die Reeder tatsächlich nur Geld für die allernotwendigsten Arbeiten ausgeben konnten“, berichtet Harms.
Möglicherweise lag und liegt das auch an einem verbreiteten, aber falschen Bild von diesen Spezialwerften. „Ich mag den Begriff der Reparaturwerft gar nicht“, sagt Harms deutlich: „Das klingt zu sehr danach, dass wir mal schnell etwas ausbessern.“ Tatsächlich ist das Leistungsspektrum der Unternehmen deutlich anspruchsvoller und größer; schließlich handelt es sich bei Schiffen um komplexe technische Systeme mit Komponenten aus allen Bereichen vom klassischen Maschinen- und Anlagenbau bis hin zu elektronischen Geräten und digitalen Anwendungen. „All diese Bereiche decken wir und unsere Partner selbstverständlich ab“, so Harms.
Dazu kommt ein weiterer wesentlicher Aspekt: „Wir müssen schnell und flexibel sein und die Aufträge pünktlich abarbeiten“, sagt der Bredo-Geschäftsführer. Der Hintergrund: Schiffe verdienen nur Geld, wenn sie in Fahrt sind. Für anstehende Arbeiten nutzen Reeder deshalb gerne jene Zeiten, in denen ein Schiff auf einen Anschlussauftrag wartet – solche Pausen zeichnen sich in der Regel aber nur kurzfristig ab.
Zusammenschluss eigenständiger Unternehmen
Die von den Kunden erwartete Flexibilität müssen die Werften auch im eigenen Interesse besitzen – dieser Gedanke hat die Entwicklung der heutigen Bredo Dry Docks GmbH maßgeblich bestimmt. Ursprünglich handelte es sich bei den heutigen Standorten um eigenständige Unternehmen: die Bremerhavener Dock Gesellschaft im Fischereihafen, die German Dry Docks AG im Kaiserhafen als Nachfolgerin der früheren Motorenwerke Bremerhaven und die Mützelfeldtwerft im Cuxhavener Amerikahafen. In einem ersten Schritt hatten diese Unternehmen vereinbart, sich bei Bedarf gegenseitig freie Dockkapazitäten zur Verfügung zu stellen. Dann rückten die Firmen gesellschaftsrechtlich enger zusammen. Mittlerweile gehören sie alle zur Unternehmensgruppe der Schiffbau-Familie Rönner. „Wir sind aber kein Konzern, jedes Unternehmen hat seinen eigenen Charakter und sein eigenes Profil bewahrt“, sagt Dirk Harms.
Das breite Portfolio an Dockkapazitäten für Schiffe bis zu 335 Metern Länge und das weit gefächerte technische Know-how in der Gemeinschaft hat den Instandhaltungs- und Umbaustandort deutlich gestärkt. Bremerhaven und Cuxhaven liegen unmittelbar an einem der meistbefahrenen Schifffahrtswege der Welt – für Schiffe mit Start oder Ziel in Nord- und Mitteleuropa ist es naheliegend, hier zu notwendigen technischen Arbeiten Station zu machen. Dazu entwickelt das breite Kompetenzspektrum eine gewisse Anziehungskraft: „Für viele Reeder ist es deswegen interessant, ihre Schiffe auch über größere Distanzen zu uns zu schicken.“
Damit dies so bleibt, investiert Bredo Dry Docks bewusst in den Nachwuchs: „Wir brauchen Beschäftigte, die unsere Denk- und Arbeitsweise verinnerlicht haben; deswegen bilden wir sie selbst aus“, so Harms. Genauso hohen Stellenwert hat es für ihn, technisch auf dem neuesten Stand der Dinge zu sein. Beispielsweise war Bredo Dry Docks weltweit der erste Umbau- und Instandhaltungsbetrieb, der sich für das Docken von Schiffen mit Flüssiggas-Antrieben (LNG) zertifizieren ließ. Um die Zukunft des Unternehmens und des Standorts macht sich Harms deswegen keine Sorgen. „Und irgendwann wird auch niemand mehr von uns als Reparaturwerft sprechen.“