Von Bremerhaven in den Weltraum

Bremer Unternehmen aus verschiedenen Branchen haben eine gemeinsame Betreibergesellschaft gegründet, um den Start kleiner Trägerraketen in Deutschland zu ermöglichen.

Noch in diesem Jahr soll – wenn alles gut geht – eine Testrakete aus der Nordsee in den Weltraum starten und dort Satelliten in die Umlaufbahn befördern. Eine Gruppe bremischer Unternehmen, die German Offshore Spaceport Alliance (GOSA), treibt dieses Vorhaben voran, um das Raumfahrtökosystem der Hansestadt zu vervollständigen: Vom Bau der Raketen und Satelliten bis hin zum Launch und der anschließenden Nutzung der Daten wäre Bremen – und damit Deutschland – dann fast komplett souverän in der Raumfahrt unterwegs. Die Basis für die Integration von Satelliten und Raketen könnte an der Bremerhavener Kaiserschleuse entstehen und in der Umgebung weitere Ansiedlungen nach sich ziehen.

Die Anregung für das Vorhaben kam vom Bundesverband der Deutschen Industrie, der die Raumfahrt als wichtigen Standortfaktor betrachtet. Der Planungsbeginn für eine mobile Startplattform in der deutschen Nordsee sei „ein historischer Meilenstein“, betonte der Verband. „Sie bietet Deutschland und Europa die Chance, im dynamischen Zukunftsmarkt Weltraum weltweit vorn dabei zu sein.“

Bremische Unternehmen kooperieren branchenübergreifend

Die Umsetzung der Idee ist eine bremische Gemeinschaftsproduktion über Branchengrenzen hinweg. Der Raumfahrtkonzern OHB zählt zwar zu den treibenden Kräften des Projekts, will aber nicht, „dass es ein reines OHB-Ding wird“, wie Dr. Arne Gausepohl betont, der gleichzeitig als Geschäftsführer der German Offshore Spaceport Alliance und der OHB Digital Services tätig ist. An GOSA sind auch die Reederei Harren & Partner, der Projektentwickler Tractebel DOC Offshore und die Offshore-Kommunikationsfirma MediaMobil, beteiligt. Der Logistikkonzern BLG und das Versicherungsunternehmen Lampe & Schwartze sind zudem als strategische Partner an Bord.

Herzstück des Projekts ist ein bereits bestehendes Schiff, das mit einer Trägerrakete in einer sogenannten Launchbox bestückt werden und an den Rand der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone fahren soll, um sie dort zu starten. Heimathafen des Schiffs soll Bremerhaven werden. Gausepohl erwartet, dass sich – wie bei einem Flughafen – im Umfeld weitere Unternehmen ansiedeln werden.

Einzigartiges Raumfahrt-Ökosystem

Die Nachfrage nach zusätzlichen Startmöglichkeiten ergibt sich aus den zahlreichen neuen Geschäftsmodellen, die sich in der Raumfahrt unter dem Schlagwort „New Space“ entwickelt haben. Besonders Klein- und Kleinstsatelliten kommen verstärkt zum Einsatz, um beispielsweise Kommunikations-, Navigations- oder Umweltdienstleistungen zu ermöglichen. Ein Startplatz für kleine Trägerraketen „komplettiert das New-Space-Ökosystem, das in dieser Form in Europa einmalig wird“, teilt GOSA mit.

Mehrere europäische Raumfahrtunternehmen haben ihr Interesse an der Nutzung des Spaceports bereits in einer Absichtserklärung untermauert. „Dass es einen Bedarf für den Spaceport gibt, ist durch das Bekenntnis der Raketenfirmen nochmal ganz deutlich geworden“, sagte GOSA-Sprecherin Sabine von der Recke anlässlich der Unterzeichnung. „Wir bieten allerdings nicht nur den Raketenherstellern eine zusätzliche Startoption, sondern machen auch ein Angebot an die politischen Entscheidungsträger: Mit dem Spaceport ermöglichen wir den souveränen, kostengünstigen und logistisch einfachen Zugang zum All für Microlauncher aus dem Herzen Europas.“