Die Nehlsen-Gruppe hat im Dezember ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert. Mittlerweile strebt das Unternehmen an, zum internationalen Rohstoffhändler zu werden und mit grünem Strom grüne Rezyklate zu erzeugen.
Mit rund 3.000 Mitarbeitenden in 40 Gesellschaften an rund 70 Standorten in Europa und Afrika zählt die Nehlsen-Gesellschaft zu den fünf größten Recycling- und Entsorgungsunternehmen in Deutschland. Aufgrund seiner hochmodernen Anlagen ist der Konzern in der Lage, aus immer mehr Abfällen wertvolle Sekundärrohstoffe zu gewinnen, die anschließend der Industrie für unterschiedlichste Einsatzzwecke zur Verfügung gestellt werden.
Mit dem „Goldwagen“ auf Erfolgsspur
Angefangen hat diese Bremer Erfolgsgeschichte vor ziemlich genau 100 Jahren mit einem Fuhrgeschäft in Grohn. Mit Pferd und Wagen und inmitten der Hyperinflation der Weimarer Republik transportierte Unternehmensgründer Karl Nehlsen seinerzeit Sand, Kies, Steine, Möbel und Abfälle für verschiedene Kunden aus der Region. Fünf Jahre später erhielt der junge Unternehmer dann den Auftrag zur Müllabfuhr in der benachbarten bremischen Stadtgemeinde Vegesack. Aus dem Ein-Mann-Fuhrgeschäft war damit das Entsorgungsunternehmen Nehlsen geworden, das schnell ein wachsendes Mitarbeiter-Team beschäftigte. Auch sonst ging es stetig bergauf mit der Firma: Wurden die Straßenabfälle noch bis in die 1930er-Jahre hinein ausschließlich mit Pferd und sogenanntem „Goldwagen“ eingesammelt, so stand Nehlsen schon bald ein umfangreicher Fuhrpark mit unterschiedlichsten Spezialfahrzeugen zur Müllentsorgung zur Verfügung.
Weitere Schritte folgten unter der Leitung von Dieter Nehlsen und seiner Frau Ilse, die das Unternehmen seit Ende der 1950er-Jahre in zweiter Generation führten: „Das Einzugsgebiet der Gruppe umfasste mittlerweile den gesamten Bremer Norden sowie verschiedene Nachbargemeinden“, blickt Peter Hoffmeyer auf diese Zeit zurück. Der Neffe von Dieter und Ilse Nehlsen ist seit 1974 im Unternehmen tätig und leitete die Gruppe von 1995 bis Ende 2019. Anfang 2020 ist er von der Geschäftsführung in den Aufsichtsrat gewechselt, mit den beiden Söhnen Johannes und Paul Hoffmeyer wächst aber bereits die vierte Generation der Gründungsfamilie als Geschäftsführer und Prokuristen in das Unternehmen hinein.
Fokus auf Recycling
Seit Ende der 1970er-Jahre wurde der Bereich Recycling zum alles bestimmenden Thema bei Nehlsen und in der gesamten Branche. Diese Bedeutung wächst bis heute immer weiter: „Parallel mit dem Wechsel von der Gebrauchgesellschaft zur Verbrauchsgesellschaft ist seit dieser Zeit auch die Menge an Altglas, Altpapier, Metall- und Kunststoffabfällen immer weiter angestiegen“, erklärt Peter Hoffmeyer. „Immer wichtiger wurde es damit, diese gigantischen Abfallmengen und die darin enthaltenen Stoffe effektiver zu trennen und möglichst große Anteile aufzubereiten und wiederzuverwerten.“
Neben den Privathaushalten stehen dabei vor allem die Bereiche Gewerbe, Industrie und Bauwirtschaft im Fokus, die gemeinsam den weitaus größten Teil des Abfalls produzieren: „Um hier zu effektiven Lösungen zu kommen, sind vor allem politische Weichenstellungen gefragt“, erklärt Oliver Groß, der seit Anfang 2020 als Vorstandsvorsitzender der Nehlsen AG tätig ist. „Das betrifft die Herstellung, also den Aspekt ‚Design for Recycling‘, ebenso wie die Verpflichtung der Industrie zum Einsatz der unterschiedlichen Rezyklate.“
Das Potenzial einer solchen Umstellung ist gewaltig. Schließlich zählen die Bereiche Abfallentsorgung und Recycling zu den wichtigsten Bausteinen zur Erreichung der CO2-Einsparziele. Nehlsen will an dieser Stelle weiter innovativ vorangehen und strebt perspektivisch an, zu einem international tätigen Händler für Recyclingrohstoffe zu werden: „Im Sinne der Kreislaufwirtschaft wollen wir also noch stärker auf Recycling setzen und mit grünem Strom grüne Rezyklate erzeugen und exportieren“, fasst Peter Hoffmeyer das Unternehmensziel für die kommenden Jahre zusammen.