Traditionsschiffe vor dem Untergang bewahren

Die kürzlich gegründete Stiftung „Maritimes Erbe im Lande Bremen“ setzt sich für den Erhalt lebendiger Zeugnisse der Schifffahrtsgeschichte ein.

Wer noch authentische Seefahrt erleben möchte, wird nicht auf der Aida fündig, sondern in Bremerhaven: Der historische Dampf-Eisbrecher „Wal“ startet mehrmals im Jahr zu Ausflügen in die Nord- und Ostsee. Er zählt zu den rund 20 Traditionsschiffen im Land Bremen, die einen lebendigen Eindruck von der maritimen Geschichte vermitteln. Wie lange sie das noch tun können, ist ungewiss, denn die Instandhaltung kostet Geld, die Sicherheitsanforderungen der Behörden werden zunehmend strenger und das Durchschnittsalter der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer tendiert stark nach oben. Um die Zukunft der Schiffe dennoch zu sichern, wurde im April 2023 die „Stiftung maritimes Erbe für das Land Bremen“ gegründet. Anfang Januar 2024 konnte die Stiftung ihre ersten beiden Förderbescheide verschicken.

Gefördert werden maritime Objekte, die repräsentativ sind für die Geschichte der Städte Bremerhaven und Bremen. Zum Vorstand gehören der Vorsitzende Peter Klett, der bis Dezember auch Vorstandsvorsitzender der Weser-Elbe-Sparkasse war, sowie Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz und Rüdiger Pallentin, ehemaliger Geschäftsführer der Lloyd-Werft. Die Weser-Elbe-Sparkasse stattete die Stiftung mit einem Startkapital von 450.000 Euro aus. „Wir wollen die Trägervereine mit Finanzmitteln und Vernetzung unterstützen“, sagt Peter Klett. „Diese Schiffe prägen die Geschichte Bremens und Bremerhavens, und wenn man sich nicht darum kümmert, werden sie irgendwann untergehen.“ Das Engagement habe aber auch handfeste wirtschaftliche Gründe für die Städte, denn es gebe ein enormes touristisches Interesse an den Traditionsschiffen.

Anfang Januar hat die Stiftung die ersten beiden Förderbescheide versandt: Der 120 Jahre alte Hochseekutter „Astarte“ benötigt zwei neue Masten, der Großsegler „Schulschiff Deutschland“ erfordert eine Reihe unterschiedlicher Renovierungen. An der Finanzierung beteiligt sich die Niedersächsische Sparkassenstiftung jeweils zur Hälfte. Auch bei weiteren Projekten wird angestrebt, die Finanzierung auf mehrere Füße zu stellen.

Um die Vergabe der Mittel zu priorisieren, traf sich im Januar erstmals der Stiftungsbeirat, dem unter anderem Vertreter der Schiffseigentümer angehören. Über die Einhaltung des Stiftungszwecks wacht ein ebenfalls ehrenamtliches Kuratorium, in dem auch Handelskammer-Vizepräses Torsten Rönner und Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Fonger vertreten sind. „Als Handelskammer waren wir von Anfang an dabei, weil wir das maritime Erbe als Teil unserer Wirtschaftsgeschichte sehen“, erklärt Dr. Fonger. „Uns ist es ein wichtiges Anliegen, die Stiftung zum Erfolg zu führen.“ Die Handelskammer unterstütze den Aufbau von Kontakten zu Unternehmen, die Interesse haben, sich für den Erhalt des maritimen Erbes zu engagieren.

Gefördert werden nicht nur Traditionsschiffe, sondern auch Baudenkmäler und andere maritime Zeitzeugnisse. So habe eine Delegation der Stiftung beispielsweise das Hafenarchiv im alten Verwaltungsgebäude von Kellogg’s in der Überseestadt besucht, so Dr. Fonger. Dort gebe es eine herausragende Sammlung an maritimen Bildern und Dokumenten, die es zu sichern gelte. Auch dies könne eine Aufgabe der Stiftung werden.

Benötigt werden nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch die tatkräftige Unterstützung und das erforderliche Know-how. Viele Institutionen, die ein Traditionsschiff betreiben, haben ein Nachwuchsproblem. Menschen, die sich mit Dampfmaschinen und Holzschiffbau auskennen, sind rar geworden. Hinzu kommt die Bürokratie: Die alten Schiffe müssen beispielsweise kostspielig an neue Sicherheitsstandards angepasst werden.

Wer die Traditionsschiffe selbst besuchen möchte, kann jederzeit einen Familienausflug planen. Klett empfiehlt für den Einstieg das Schulschiff Deutschland, das täglich besichtigt werden kann. Dort lässt sich auch frühstücken und sogar übernachten. Auch der Dampf-Eisbrecher „Wal“ ist immer zu besichtigen, wenn die Ehrenamtlichen an Bord arbeiten – und natürlich zu den Hafenfesten. Er ist laut Klett „ein Muss“ für alle, die sich für Dampfmaschinen interessieren.

Kontakt:
Peter Klett
Stiftung maritimes Erbe im Lande Bremen
peterklett@t-online.de
Tel.: 047192 69 72 92
Mobil: 0170 562 75 13

„Schulschiff Deutschland“:
schulschiff-deutschland.de

Dampf-Eisbrecher „Wal“:
schiffahrts-compagnie.de

Hafenarchiv:
kulturhauswalle.de/geschichtskontor/hafenarchiv