Tiefe Einblicke in das Hafengeschehen

Der Bremerhavener Überseehafen zählt zu den wichtigsten Umschlagsplätzen für Container und Autos in Europa. Auch der Transport von Gütern aus dem Bereich „high and heavy“ ist ein wichtiges Geschäftsfeld – gut sichtbar auch für Besucher.

Die Fahrt durch den Überseehafen in Bremerhaven wirkt wie die Runde durch eine Leistungsshow der deutschen Wirtschaft. Gleich hinter dem innenstadtnahen Zolltor Rotersand stehen in langen Reihen geparkt Exportfahrzeuge aller namhaften deutschen Hersteller. Dazwischen und entlang der Franziusstraße be- und entladen mittelständische Betriebe Container mit Maschinenteilen und anderen Exportgütern. Weitere Firmen bereiten Spezialfahrzeuge und andere Schwerlastgüter für die Verschiffung in alle Welt vor. Das gesamte Spektrum dieser von den Hafenfachleuten kurz „high-and-heavy“ genannten Fracht wird wenige 100 Meter später sichtbar: Große Mobilkräne, Eisenbahnwaggons, Lokomotiven, Maschinen, ja sogar Hubschrauber und jede Menge Sportboote sowie anderes „Sperrgut“ warten darauf, auf eines der RoRo-Schiffe gerollt und dann in alle Welt verschifft zu werden.

Tiefe Einblicke in das Hafengeschehen

Anders als beispielsweise Hamburg gewährt Bremerhaven Besuchern tiefe Einblicke in das Hafengeschehen. Die Fahrt führt weiter über die Senator-Borttscheller-Straße vorbei an den riesigen Hochgaragen der „Automobildrehscheibe Bremerhaven“ zu den Containerterminals in Bremerhaven. Gleich hinter dem Zaun beginnen die Stellflächen für Leer- und Gefahrgutcontainer.

Dass die gigantischen Containerbrücken nur aus der Ferne zu sehen sind, lässt die Dimension des Hafens erkennen: Allein der Containerumschlag umfasst drei Millionen Quadratmeter. Auf denen ist rund um die Uhr etwas los. Im Minutentakt rollen die Container-Lkw durch das Zolltor Weddewarden. Zudem reihen sich die Eisenbahnwaggons für den Container- und den Autotransport auf mehreren kilometerlangen Gleisen aneinander. Die meisten der pro Jahr 1,7 Millionen im Hafen bewegten Autos kommen mit der Bahn; zudem wird gut die Hälfte der in Bremerhaven umgeschlagenen Container umwelt- und klimafreundlich per Zug transportiert.

Fünf Kilometer Kaje für den Containerumschlag

Etwas mehr als 5 Millionen Standardcontainer (TEU) wurden nach Angaben von Hafensenatorin Dr. Claudia Schilling im vergangenen Jahr in Bremerhaven umgeschlagen. Mit einem Plus von 5,2 Prozent gegenüber 2020 hat der Hafen damit die durch die Corona-Pandemie geschlagene Delle wieder ausgeglichen. Bis zu 7 Millionen TEU können in Bremerhaven pro Jahr bewegt werden – der Umschlagsplatz an der Stromkaje gehört neben Antwerpen, Rotterdam und Hamburg zu den vier leistungsstärksten Containerhäfen auf dem europäischen Kontinent. Genau genommen sind es – wenn man das historische Wachstum des Hafens betrachtet – vier Terminals, die seit 1968 zwischen dem heutigen Südende an der Nordschleuse und dem jüngsten CT 4 vor dem Bremerhavener Stadtteil Weddewarden gebaut wurden.

Den Umschlagsbetrieb teilt sich Eurogate mit MSC Gate und North Sea Terminal Bremerhaven, die es mit den Reedereien Mediterranean SC (MSC-Gate) und Maersk (North Sea Terminal Bremerhaven NTB) als Gemeinschaftsunternehmen betreibt. Insgesamt 41 Super-Post-Panmax-Containerbrücken sind entlang der 4930 Meter langen Kaje im Einsatz; ihre Auslegerweite ist groß genug, um auch die größten Containerschiffe der Welt zu überspannen.

Wassertiefe als Trumpf

Für Reeder sind nicht nur die Dimensionen des Terminals wichtig, sondern noch ganz andere Parameter: Mit einer Wassertiefe von bis zu 15 Metern ist die Liegewanne vor der Stromkaje tief genug, dass hier die größten Containerschiffe festmachen können. Insgesamt verfügt Bremerhaven über 14 Liegeplätze für diese Ultra-Large-Container-Carrier (ULCC).

Allerdings ist es aus Sicht der Hafenwirtschaft dringend erforderlich, dass auch die Außenweser auf die notwendige Wassertiefe für jederzeitigen Zugang zum Containerterminal gebracht wird – derzeit müssen die ganz großen Schiffe die Hochwasserwelle abpassen, um sicher zum Terminal zu kommen. Mit der richtigen Wassertiefe kann Bremerhaven wieder einen Trumpf ausspielen: der Hafen ist auf kurzem Weg zu erreichen. Die Distanz zwischen der Deutschen Bucht und dem Hafen beträgt gerade einmal knapp 50 Kilometer.

Mehr als 1300 Spezialfrachter für den Autotransport pro Jahr

Dank der beiden großen Schleusen sind auch die als Dockhäfen eingerichteten inneren Häfen jederzeit für die wichtigsten Schiffsgrößen zu erreichen. Das ist vor allem für die Automobilindustrie wichtig. Jährlich steuern mehr als 1300 Spezialfrachter für den Autotransport die Seestadt an. Derzeit dreht sich die Automobildrehscheibe vor allem Richtung Export. Nach wie vor ist Bremerhaven zudem eine wichtige Drehscheibe für Importfahrzeuge aus den ausländischen Produktionsstätten der deutschen Hersteller sowie für japanische und koreanische Automarken. Zunehmend kommen auch Neufahrzeuge aus chinesischer Produktion hier an.

Einen wachsenden Anteil hat high-and-heavy an den Ladungsverkehren über Bremerhaven. Die großen Autotransportschiffe sind so eingerichtet, dass sie auf bestimmten Decks auch große und schwere Ladung mitnehmen können. In Kombination mit dem stabilen Umschlag auf dem Containerterminal sowie dem in Europa führenden Automobilgeschäft sehen Experten den Hafenbetrieb in Bremerhaven zukunftsweisend aufgestellt.