Strukturelle Krise lähmt die Wirtschaft

Kurz vor Weihnachten ist die Landespressekonferenz traditionell bei der Handelskammer Bremen zu Gast, die ihre Jahresbilanz für den Wirtschaftsstandort präsentiert. Wie schon im Vorjahr fiel das Fazit auch dieses Mal ernüchternd aus – Präses Eduard Dubbers-Albrecht forderte einen wirtschaftspolitischen Kurswechsel.

„Wir befinden uns sowohl in Bremen und Bremerhaven als auch in Deutschland insgesamt in einer tiefen wirtschaftlichen Krise“, machte Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht deutlich. „Das ist nicht in erster Linie ein konjunkturelles Problem, sondern eine strukturelle Krise.“

Die Politik nehme immer mehr Einfluss auf das wirtschaftliche Handeln der Unternehmen. Damit bremse sie das Wachstum und die wirtschaftliche Transformation, während sie zugleich durch fehlende Investitionen in Infrastruktur und Innovation die Wettbewerbsfähigkeit schwäche. „Wir brauchen dringend einen Kurswechsel in der Wirtschafts- und Standortpolitik“, forderte Präses Eduard Dubbers-Albrecht.

Zu neuem Wachstum könne ein freier und fairer Wettbewerb führen: „Dazu gehört, dass die Politik mehr Vertrauen in Markt und Menschen setzt.“ Der Staat solle sich auf seine Kernaufgaben beschränken: gute Rahmenbedingungen schaffen, bürokratische Hindernisse abbauen und für eine Kultur des Ermöglichens sorgen.

Vertrauensvolleres Miteinander von Politik und Wirtschaft

Mit Blick auf Bremen benannte der Präses gleich mehrere große Herausforderungen. So brauche es eine Stärkung der Investitionskraft der Betriebe und eine Fortführung der Transformation in Richtung Klimaneutralität, wobei die Förderung von Innovationen eine Technologieoffenheit erfordere, die durch den Erfolg am Markt entschieden werde.

Angesichts der zuletzt weiter zugespitzten Haushaltssituation stellte Präses Dubbers-Albrecht fest: „Wir fordern seit Langem Einsparungen in konsumtiven Bereichen zugunsten wachstumsfördernder Investitionen und einer besseren Bildung.“ Es sei dringend an der Zeit, über bereits beschlossene Maßnahmen zur Haushaltssanierung hinaus konsequent die größten Ausgabeposten in den Blick zu nehmen.

Darüber hinaus sei auch in Bremen eine Entschlackung der Bürokratie von entscheidender Bedeutung. Zwar würden einzelne Bürokratiepflichten für sich genommen gar nicht so dramatisch wirken. „In der Summe mit immer neu hinzukommenden Regelungen ist die Gesamtbelastung aber auf ein unerträgliches Maß gestiegen.“

Wenige Tage nach dem knappen 4 zu 3-Urteil des Staatsgerichtshofs zur Verfassungsmäßigkeit des umstrittenen Landesausbildungsfonds kommentierte Präses Dubbers-Albrecht: „Wir akzeptieren das Urteil, aber wir sind unverändert gegen die Inhalte des Gesetzes. Aus unserer Sicht ist es falsch und bewirkt nichts außer zusätzlichen Aufwand und noch mehr Bürokratie.“

Positiv hob der Präses die aktuellen Bemühungen zur Förderung von Start-ups hervor. Unter anderem verwies er in dem Zusammenhang auf die Initiative „Start-up Turntable“ der Handelskammer, die Initiierung eines unabhängigen Venture Capital Fonds für das Land Bremen sowie den geplanten Aufbau einer Startup Factory.

Zum Abschluss betonte Präses Dubbers-Albrecht, dass das Miteinander von Politik und Wirtschaft nicht länger von Misstrauen und Kontrolle geprägt sein dürfe. „Wir brauchen ein neues politisches Grundverständnis, das auf Freiheit und Verantwortung beruht.“

Bremische Wirtschaftsleistung sinkt weiter

Aktuelle Zahlen zur wirtschaftlichen Lage präsentierte Handelskammer- Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Fonger. „Die jüngsten Berechnungen der statistischen Ämter zeigen, dass die bremische Wirtschaftsleistung nach dem Rückgang im Vorjahr auch 2024 erneut abgenommen hat“, sagte er. Während die derzeit noch vorläufigen Berechnungen für 2023 einen preisbereinigten Rückgang von 0,6 Prozent – und damit deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 0,3 Prozent – zeigen, ist das Minus für die erste Jahreshälfte 2024 mit -1 Prozent sogar noch größer. „Diese Tendenz spiegeln auch die Ergebnisse unserer vierteljährlichen Konjunkturumfragen wider“, erläuterte Dr. Fonger. „Aus ihnen geht hervor, dass die befragten Unternehmen die aktuelle Geschäftslage überwiegend negativ beurteilen.“

Hauptgrund für den Rückgang ist nach Aussage des Hauptgeschäftsführers ein Einbruch beim bremischen Industrieumsatz, der zwischen Januar und September 2024 um 12,8 Prozent gesunken ist. Während die meisten anderen Branchen ebenfalls schlechte Geschäftserwartungen äußerten, verzeichneten lediglich die bremischen Häfen nach dem Rückgang des Seegüterumschlags im Vorjahr zuletzt wieder einen Zuwachs. „Inzwischen macht sich die anhaltende wirtschaftliche Schwäche schleichend auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar“, sagte Fonger. So seien im November im Land Bremen 5,9 Prozent mehr Arbeitslose gezählt worden als im Vorjahresmonat.

Fazit des Haupgeschäftsführers: Unter dem Strich bleibt die Situation in Bremen, Deutschland und der Welt schwierig. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer prognostiziere für 2025 bundesweit betrachtet ein Null-Wachstum: „Und auch in der bremischen Wirtschaft deuten die Zeichen momentan nicht auf einen baldigen wirtschaftlichen Aufschwung hin.“ Die Vielfalt von Geschäftsrisiken sorge insgesamt für wenig Zuversicht, so Dr. Fonger. „Vor allem die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen trüben aus Sicht der Unternehmen die Aussichten.“