Die Konjunktur des Bundeslandes Bremen hat sich im vergangenen Jahr deutlich abgeschwächt. Wesentliche Gründe dafür sind die Folgen der geopolitischen Krisen, starke Kosten- und Preissteigerungen in fast allen Bereichen sowie ein Rückgang der Nachfrage aus dem In- und Ausland.
„Wir befinden uns in einer Situation, in der vieles unklar ist“, betonte Präses Eduard Dubbers-Albrecht bei der Vorstellung des Statistischen Jahresberichts 2023 der Handelskammer Bremen. „Und genau das beeinflusst uns als Wirtschaft ganz enorm.“ Die vorläufigen Berechnungen der statistischen Ämter zeigen: Vor dem Hintergrund schwieriger Rahmenbedingungen nahm die bremische Wirtschaftsleistung im vergangenen Jahr preisbereinigt um 0,6 Prozent ab und ging damit noch etwas stärker zurück als im bundesweiten Durchschnitt (-0,3 Prozent). „Unser Bundesland ist gekennzeichnet von einem hohen Export-Anteil. Und wenn es im Export stottert, merken wir das in Bremen ganz besonders“, erläuterte Dubbers-Albrecht.
„Klare Priorisierung erforderlich“
Der Präses berichtete, dass die Wirtschaft unverändert stark auch unter dem Fach- und Arbeitskräftemangel sowie unter überbordender Bürokratie zu leiden habe. Darüber hinaus berge die begonnene Transformation auf dem Weg zur Klimaneutralität große Herausforderungen und Unsicherheiten. „Wir sind grundsätzlich mit den Klimazielen einverstanden“, betonte er. „Aber der Weg dorthin ist von wenig Realitätssinn und Pragmatismus gekennzeichnet. Uns ist wichtig, dass die Politik ihren Weg mit uns abspricht, damit die Wirtschaft wettbewerbsfähig bleibt.“
Mit Blick auf die angespannte Lage der öffentlichen Haushalte forderte Dubbers-Albrecht, auf allen Ausgabenfeldern das Nutzen-Kosten-Verhältnis konsequent zu beachten. „Wir brauchen eine klare Priorisierung. Und da sind aus Sicht der Wirtschaft vor allem die Bereiche Bildung, Infrastruktur, Sicherheit und Sauberkeit wichtig.“ Kontraproduktiv sei dagegen das weitere Anwachsen der Bürokratie mit immer neuen Regelungen und Dokumentationspflichten. Und auch die Ausweitung der Neuverschuldung sei nicht der richtige Weg: „Eine Schuldenfinanzierung sollte nur für wichtige partielle Einzelinvestitionen erfolgen, deren Finanzierung aus dem laufenden Haushalt faktisch nicht möglich ist.“ Als Beispiele nannte der Präses den klimagerechten Umbau des Bremer Stahlwerks und zentrale Wasserstoffprojekte wie den Ecomat Hydrogen Campus.
Viel Schatten und ein bisschen Licht
Nach einem relativ positiven Beginn verschlechterte sich die konjunkturelle Situation laut Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Fonger vor allem in der zweiten Jahreshälfte deutlich. Das betraf auch die Industrie, die im Vorjahr noch kräftig zugelegt hatte, 2023 aber eine nur noch verhaltende Umsatzentwicklung erlebte. Als wesentlichen Grund dafür nannte Fonger die schwache Nachfrage vor allem aus dem Ausland.
Noch mehr Schatten lag auf der Bauwirtschaft, die mit einem vergleichsweise hohen Auftragsbestand ins Jahr gestartet war. Dann folgte allerdings ein deutlicher Auftragsrückgang, der seine Ursache in stark gestiegenen Baukosten bei gleichzeitig wachsendem Zinsniveau hatte. In der zweiten Jahreshälfte bewertete die Branche die Geschäftslage daher überwiegend negativ. Die Zahl der Baugenehmigungen ging im Vergleich zum Vorjahr um rund ein Drittel zurück, die der Baufertigstellungen um 11,2 Prozent.
Im Einzelhandel zeigte sich im stationären Handel sowie erstmals auch im Online-Handel eine abnehmende Konsumneigung. Insgesamt erwirtschafteten die Unternehmen in der Branche preisbereinigt 4,7 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr. Der Groß- und Außenhandel litt ebenfalls unter überwiegend schlecht laufenden Geschäften und verzeichnete einen Umsatzrückgang von 2,9 Prozent. Und auch der Seegüterumschlag in den bremischen Häfen reihte sich mit einem Rückgang von 8,6 Prozent in das trübe Gesamtbild mit ein.
Einen Lichtblick gab es dagegen in der Kreuzfahrtbranche zu vermelden: Hier wuchs der Passagierverkehr erneut kräftig an und legte um 38,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu, womit auch das Vorkrisenniveau von 2019 um 30,5 Prozent übertroffen wurde. Der Bremer Flughafen registrierte 21,6 Prozent mehr Fluggäste als 2022, blieb damit aber noch um 21,4 Prozent unter dem Vorkrisenniveau. Eine positive Entwicklung nahm auch der Tourismus im Land: Die Zahlen der Gästeankünfte und der Übernachtungen erreichten fast wieder den bisherigen Höchststand von 2019.
Abschließend wagte Hauptgeschäftsführer Fonger einen vorsichtig optimistischen Ausblick. Die jüngste Konjunkturumfrage der Handelskammer habe für Bremen und Bremerhaven positive Exporterwartungen sowie einen wachsenden Auftragseingang in der Industrie gezeigt, berichtete er: „Wenn diese Tendenz anhält, könnte sich die bremische Wirtschaft vielleicht etwas positiv von der Bundesentwicklung abheben.“
Der Statistische Jahresbericht 2023 ist hier zum Download verfügbar:
www.handelskammer-bremen.de/statistischerjahresbericht