Bremens Spediteure schauen zuversichtlich auf das neue Jahr. Allerdings macht ihnen die Kapazitätsverknappung im Containerverkehr zu schaffen, da sie die Frachtraten in Rekordhöhe treibt.
Trotz aller Schwierigkeiten im Tagesgeschäft erwarten die meisten Bremer Speditionsunternehmen in diesem Jahr gute Geschäftsergebnisse. Bei einer prognostizierten Steigerung der Exporte um 7,1 Prozent und der Importe um 6,7 Prozent rechnen die Spediteure mit einer guten Auslastung. Das Analysehaus Drewry geht von einer Steigerung der containerisierten Seeverkehre von 5,2 Prozent im Jahr 2022 aus.
Allerdings hadern die Spediteure – nicht nur in Bremen – mit der Marktmacht großer Reedereien. „Die enorme Kapazitätsverknappung im Containerverkehr führt derzeit zu Frachtraten, die es so nie zuvor gegeben hat“, sagt der Vorsitzende des Vereins Bremer Spediteure, Oliver Oestreich.
Die Verknappung des Angebots im Containerseeverkehr habe viele Ursachen, erklärt er. So führten die Verstopfung der Häfen von Los Angeles und Long Beach, die temporären Schließungen und Teilschließungen von chinesischen Häfen und Abfertigungsschwierigkeiten in weiteren Häfen in den USA und Europa dazu, dass viele Schiffe auf ihre Entladung warten müssten. Schiffe würden kurzfristig andere Häfen anlaufen, was dann dort zu Schwierigkeiten führe. Dem Markt werden nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Sea-Intelligence durch die Verstopfung der Containerhäfen 12,5 Prozent der Containerkapazitäten entzogen.
Außerdem leiteten Reedereien Leercontainer in die Fahrtgebiete, in denen sie am meisten verdienen können, so Oestreich. Diese Container fehlten dann für den Export. Schwierigkeiten in der landseitigen Logistik verschärften die Probleme. Auch der Unfall des Containerschiffs „Ever Given“ habe die Situation zusätzlich verschlechtert.
Zusammenarbeit mit großen Reedereien belastet
Die Spediteure kritisieren, dass sich einige Reedereien häufig nicht mehr an feste Absprachen, Vereinbarungen und Verträge gebunden fühlten. Einige versuchten, Spediteure mit unlauteren Mitteln aus ihrem angestammten Geschäft zu drängen. Es würden somit Interessenkonflikte zwischen einigen Reedern und den Spediteuren sichtbar, die die partnerschaftliche Zusammenarbeit belasten.
Die Ankündigung einer Hamburger Reederei, zukünftig keine Kontrakte mehr mit Speditionsunternehmen schließen zu wollen, sei befremdlich. Spediteure seien im Dienst und Auftrag der häufig mittelständischen Verladerschaft aus Industrie und Handel tätig. Die Nichtberücksichtigung der Spediteure schade vor allem der deutschen Exportwirtschaft.
Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeuteten die langen Buchungszeiten, die mangelnde Verfügbarkeit von Leercontainern und die kurzfristigen Fahrplanänderungen laut Oestreich erhebliche Mehrarbeit. Die Speditionsunternehmen seien heilfroh, ihr Personal zum Anfang der Pandemie, als die Aufträge einbrachen, gehalten zu haben. Viele Unternehmen beklagten heute einen akuten Personalmangel.
Der Verein Bremer Spediteure e.V. wurde im Jahr 1901 gegründet und ist ein Zusammenschluss aller bedeutenden Speditions- und Logistikfirmen in Bremen und Bremerhaven. In den rund 200 Firmen der Branche sind 5000 Mitarbeiter beschäftigt, die einen Umsatz von 2,5 bis 3 Milliarden Euro erzielen.