Mit Lebensmitteln für Menschen, die unter Kau- oder Schluckbeschwerden leiden, hat die Firma Biozoon Food Innovations GmbH sich einen weltweiten Markt erschlossen. Das Unternehmen unterstützt auch Food-Start-ups bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Ideen.
Das Auge isst bekanntlich mit – auch dann noch, wenn das Kauen und Schlucken aus Alters- oder Krankheitsgründen schwerfällt. Wer mit diesen Beschwerden noch eine Currywurst mit Pommes, ein Hähnchenfilet oder ein anderes bissfestes Lebensmittel zu sich nehmen möchte, bekommt es – wenn überhaupt – in der Regel püriert serviert. Die Ästhetik bleibt dabei auf der Strecke und oft ist nicht einmal mehr erkennbar, um was es sich handelt. Das Bremerhavener Unternehmen Biozoon ermöglicht es Altenheimen und Pflegeeinrichtungen, das kulinarische Erlebnis wieder möglichst nah an der Originalversion des jeweiligen Gerichts zu gestalten. Mit Hilfe von speziellen Rezepturen wird das ursprüngliche Lebensmittel nach dem Pürieren wieder in die gewohnte Form gebracht, sodass es fast aussieht und schmeckt wie immer. Die Mahlzeit muss jedoch nicht gekaut werden und lässt sich leicht schlucken.
Mit dieser Innovation hat Biozoon, das 2001 aus dem Technologie-Transferzentrum Bremerhaven (TTZ) ausgegründet wurde, einen wachsenden internationalen Markt mit Kunden in 15 Ländern erschlossen, darunter Australien, die USA sowie zahlreiche europäische Nationen zwischen Schweden und Spanien. Die selbst entwickelte Technologie erlaubt auch die Herstellung von Schäumen, Gelen und angedickten Flüssigkeiten, sodass die betroffenen Personen eine angepasste und ausgewogene Ernährung zu sich nehmen und dabei ein möglichst hohes Maß an Lebensqualität erhalten können.
„Smoothfood“ und Gastronomieprodukte
Die Kompetenz des Unternehmens basiert auf der sogenannten Molekularküche, die sich die Besonderheiten von Substanzen für das Erzielen spezieller Effekte zu eigen macht. Primäres Ziel ist die Beeinflussung der Textur, um die Struktur eines Lebensmittels zu verändern und gleichzeitig die Wahrnehmung des Geschmacks zu erhöhen. Biozoon-Geschäftsführer Matthias Kück sammelte Erfahrungen in diesem Bereich mit Forschungsarbeiten am TTZ, ehe er Biozoon gründete. Im Jahr 2003 begann das Unternehmen, eigene Produkte herzustellen, und zog dafür zunächst ins Gründerzentrum BioNord. Seit 2016 verfügt es über ein eigenes Gebäude am Fischereihafen.
Das Wissen über das Verhalten der Moleküle nutzt Biozoon nicht nur für „Smoothfood“, wie es in Seniorenheimen eingesetzt wird, sondern auch für individuell optimierte Sportlernahrung und innovative Gastronomieangebote, die dabei helfen, traditionellen Gerichten eine besondere Note zu verleihen. Zum „Game Changer“ wurde laut Kück die Corona-Zeit: „Wir haben uns gefragt: Warum sollen wir unser Know-how nicht auch Dritten anbieten?“ So öffnete Biozoon sich unter anderem für Start-ups, die Unterstützung bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Ideen benötigen.
Seither hat das 25-köpfige Team an zahlreichen Produktneuheiten mitgewirkt, von denen einige mittlerweile erfolgreich am Markt angeboten werden, darunter ein Getränk aus Kaktusfeigenpulver, ein Nahrungsergänzungsmittel für die Hautpflege und ein Matcha-Pudding. Für das Oldenburger Unternehmen Krydda hat Biozoon die Erstproduktion von Tofu-Gewürzmischungen übernommen. „Durch die Zusammenarbeit mit den Start-ups vergrößern wir unseren Wissensschatz“, berichtet Kück. „Es bringt auch einen ganz anderen Spirit ins Unternehmen.“
Enger Kontakt zur Hochschule stärkt die Innovationsfähigkeit
Für die Start-ups ist Biozoon nicht nur wegen des Know-hows als Partner attraktiv, sondern auch wegen der Möglichkeit, Kleinserien kostengünstig zu produzieren und vielfältiges Know-how aus der Hochschule Bremerhaven hinzuzuziehen. „Die Hochschule ist für uns überlebenswichtig“, betont Kück. Regelmäßig absolvieren Studierende aus dem Bereich Lebensmitteltechnologie ihre Praxissemester bei Biozoon und stärken damit die Innovationsfähigkeit des Unternehmens. Gleichzeitig ermöglichen sie es, Versuche mit der nötigen Ausdauer durchzuführen. „Wir entwickeln unsere Produkte so lange, bis wir selbst zufrieden sind, und gehen dann erst auf den Markt“, sagt Sarah Engelhardt, die das Qualitätsmanagement leitet und selbst ihren Bachelorabschluss an der Hochschule Bremerhaven erworben hat.
Aufgrund des speziellen Know-hows habe Biozoon bereits mehrere Übernahmeangebote von größeren Unternehmen erhalten, berichtet Kück. Er sei jedoch nicht an einem Verkauf interessiert, denn der Betrieb würde dann wahrscheinlich aus Bremerhaven abgezogen. „Das kann ich meinen Mitarbeitenden nicht antun“, sagt er. Stattdessen freut er sich auf weitere Kontaktaufnahmen von Unternehmen und Gründern, die ein innovatives Produkt in Pulverform entwickeln möchten. „Wir sind offen für jeden, den der Unternehmergeist packt oder der ein Problem gelöst haben möchte.“
Bild oben:
Biozoon-Geschäftsführer Matthias Kück bereitet mit Ann-Kristin Gärtner und Sarah Engelhardt (v.l.) eine Currywurst mit Pommes zu, die auch für Menschen mit Schluckbeschwerden geeignet ist.
Foto: Antje Schimanke