Prozessautomatisierung: Bereit machen für Wachstum

Kunden und Mitarbeitende stellen immer höhere Ansprüche an Unternehmen. Percy Hamer, der seit rund zwei Jahren dem Vorstand der BTC Business Technology Consulting AG angehört, erwartet daher die weitere Automatisierung vieler Prozesse mit Hilfe von digitalen Assistenten. Bei der SWB sorgen Roboter bereits für eine Beschleunigung im Kundenservice.

Der „Kollege Roboter“ ist mittlerweile ein überstrapaziertes Klischee, aber bei SWB kommt es der Realität in Teilbereichen außergewöhnlich nahe: Jeden Morgen loggt Bastian Bölsing „Robbi“ mit eigener Zugangsnummer im IT-System ein – der Roboter hat sogar eine eigene SAP-Lizenz. Er unterstützt das Unternehmen bei der Kontrolle der Zahlungseingänge. Im Laufe der Zeit soll er weitere Aufgaben übernehmen.

„Automatisierung von Arbeitsabläufen ist ein Thema, das in vielen Unternehmen noch ein großes Potenzial hat“, erklärt Percy Hamer, Vorstand beim SWB-Schwesterunternehmen BTC AG, einem international tätigen IT-Experten mit rund 2000 Beschäftigten. „Gerade im Kundenumfeld gibt es heute ein ganz anderes Anspruchsdenken, was Reaktionszeit und Qualität angeht. Man muss in den kundenbezogenen Prozessen schneller werden und nahe am Kunden sein.“

Gleichzeitig bestehe auch bei den Beschäftigten der Wunsch, monotone Arbeiten abzugeben und sich mit wertschöpfenderen Themen zu beschäftigen. Aus Sicht der Unternehmensführungen sei das Ziel, bei anhaltend hoher Qualität produktiver zu werden, ohne im gleichen Maße mehr Personal einstellen zu müssen. „Es geht darum, sich bereit zu machen für Wachstum“, so Hamer.

Roboter kommen in den Büros an

Die Automatisierung mit Hilfe von Robotern und Künstlicher Intelligenz verbreitet sich nicht mehr nur an den Fließbändern der Fabriken, sondern auch in den Büros von Unternehmen und Verwaltungen. Zu den wichtigen aktuellen Trends zähle das Thema Robotic Process Automation (RPA), so Hamer. „Das Schöne ist, dass man damit auch klein anfangen kann“, betont Hamer.

Unternehmen könnten beispielsweise mit einem einzelnen Prozess wie beispielsweise der Qualitätskontrolle starten und das System dann Schritt für Schritt weiterentwickeln. Eine erste lauffähige Lösung sei – je nach Anwendung – manchmal schon für 10.000 bis 15.000 Euro zu realisieren. „Ein Roboter kann schon in kleineren Unternehmen große Auswirkungen haben.“ Bei der Einführung eines Systems sei es unerlässlich, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzubinden.

Diese Prämisse wurde auch bei einem Pilotprojekt des Energieversorgers SWB verfolgt. Vertreterinnen und Vertreter beider Unternehmen identifizierten gemeinsam Prozesse, die für eine Automatisierung in Frage kommen. Die erste Wahl fiel auf die Abwicklung der Zahlungseingänge von Kunden. Jeden Monat gehen Überweisungen von rund 120.000 sogenannten Selbstzahlern ein. „Die Qualität der angegebenen Verwendungszwecke ist sehr unterschiedlich“, berichtet Bastian Bölsing, der bei SWB für den Prozess zuständig ist, der die Zahlungseingänge verarbeitet. „Unser Zahlungseingangssystem kann ungefähr 91 Prozent problemlos zuordnen, sodass wir dennoch etwa 11.000 Fälle haben, die manuell bearbeitet werden müssen. Den Roboter haben wir jetzt eingesetzt, um davon die weniger komplexen Fälle abzuwickeln.“

Zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten

Der Roboter – der aktuell in Gestalt eines Laptops daherkommt – geht bei der Bearbeitung verschiedene Handlungsmöglichkeiten durch, die ihm vorab vorgegeben wurden. Im Zusammenspiel mit dem Zahlungseingangssystem bearbeitet er jeden Zahlungseingang nach den gleichen Vorgaben wie eine natürliche Person und ordnet eindeutige Zahlungen dem Kundenkonto zu. Der Vorteil des Roboters ist, dass ihm zusätzliche Aufgaben flexibel antrainiert werden können, ohne dass hierfür aufwändige Änderungen an bestehenden Unternehmensanwendungen notwendig werden.

Im Gegensatz zu bisherigen Verfahren kann sich ein Roboter zusätzlich auch auf den Oberflächen der Unternehmensanwendungen bewegen und die menschlichen Eingaben nachahmen. So kann er beispielsweise auch auf unterschiedliche Systeme zugreifen, um sich die benötigten Informationen zu besorgen – sofern er die Berechtigung dafür erhält. Dass dabei etwas schiefgeht, ist laut Hamer und Bölsing ausgeschlossen, denn der Roboter erhält keinen Spielraum für Interpretationen und gibt unklare Fälle an einen menschlichen Bearbeiter weiter.

SWB ist zurzeit dabei, weitere Anwendungsfälle zu ermitteln – sechs Prozesse befinden sich bereits im Einsatz. Fälle für eine Automatisierung müssen häufig genug vorkommen, dass es sich lohnt einen Standard-Prozess abzuleiten, und unkompliziert genug sein, dass der Roboter die Vorgehensweise schnell lernt. In vielen Unternehmen werden beispielsweise Bereiche wie die automatische E-Mail-Verarbeitung, der Rechnungseingang, Urlaubsgenehmigungen oder das Dienstfahrzeugmanagement digital unterstützt.

Bei SWB hat sich der Einsatz des Roboters auf jeden Fall bereits gelohnt: „Zum Jahreswechsel haben wir eine Welle neuer Kunden dazugewonnen, weil andere Anbieter nicht mehr liefern konnten“, berichtet SWB-Pressesprecherin Angela Dittmer. Alle waren Erstzahler, mussten somit manuell geprüft werden und sollten schnell eine positive Rückmeldung erhalten – „da war die Unterstützung durch den Roboter natürlich ein Segen.“ (ak)

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