Mit dem Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft verändert sich auch das Projektmanagement
Projekte kommen in den unterschiedlichsten Größenordnungen, Themenfeldern und personellen Besetzungen. Dementsprechend entwickelt sich auch das Projektmanagement immer weiter, um den unterschiedlichen Anforderungen bestmöglich gerecht zu werden. Besonders viel Aufmerksamkeit hat in den letzten zehn Jahren das „agile“ Projektmanagement erhalten, das in der Softwarebranche entwickelt wurde und durch eine Aufteilung des Vorhabens in viele kurze „Sprints“ einen schnellen Richtungswechsel ermöglichen soll, wenn sich ein gewählter Pfad als Irrweg erweist.
Aktuell sieht Prof. Helga Meyer von der Hochschule Bremen vor allem folgende drei Trends im Projektmanagement:
- Klassische und agile Projektmethoden nehmen in der Bedeutung weiter zu – je nach Projektart jedoch mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung und oft in Kombination miteinander. „Das klassische Projektmanagement war teilweise zu bürokratisch geworden“, so Meyer. Allerdings bräuchten technische Projekte aufgrund ihres hohen Sicherheitsbedürfnisses weiterhin die klassische Herangehensweise, unter anderem wegen des umfassenden Qualitätsmanagements, das rückverfolgbare Entscheidungen und entsprechende Dokumentationsbedarfe, verlangt. Der Trend gehe jedoch dahin, das Agile zunehmend zu integrieren, um mehr Dynamik in die Projekte zu bringen und die Beteiligten „besser mitzunehmen“.
- Projektmethoden können Menschen in der volatilen Arbeitswelt zusätzlich Halt und Orientierung bieten. „Im Rahmen großer Veränderungsprozesse können wir nicht alles beherrschbar machen – man muss sich vom Kontrollgedanken verabschieden“, sagt Meyer. Dies sei nicht für jeden einfach. Die Instrumente des Projektmanagements könnten ein Muster vorgeben, um der Unsicherheit entgegenzuwirken.
- Projektmanagement-Ausbildung muss zukünftig noch intensiver in und an realen Projekten stattfinden – jetzt noch mehr als in der Vergangenheit. “Was ich selbst erlebt und gemacht habe, bleibt in Erinnerung und ist zugänglich für Reflexion.“
Individuelle Fähigkeiten stärker im Mittelpunkt
Thor Möller, Interimspräsident der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement, sieht die Veränderungen ähnlich:
- Zunehmende Humanzentrierung: „Früher war der Ansatz sehr organisatorisch-technisch“, sagt er. „Menschen wurden manchmal behandelt wie Maschinen.“ Heute stehe der Mensch mit seinen individuellen Stärken und Fähigkeiten mehr im Mittelpunkt.
- Multiprojektmanagement: Unternehmen achten zunehmend darauf, dass ihre Projekte ineinandergreifen und sich nicht gegenseitig kannibalisieren. „Man könnte das als übergreifende Projektsteuerung sehen“, so Möller.
- Die Agilität nimmt weiter zu: Projekte werden immer kürzer und schneller, die Kunden werden früher eingebunden.
- „Objectives and Key Results“ (OKR): Dieser Trend kommt aus anderen Bereichen der Wirtschaft und erreicht das Projektmanagement. „Eigentlich ist das eine Methode zur Strategieumsetzung, aber die fängt gerade an, mit dem Projektmanagement zu verschwimmen“, sagt Möller.
„Wir sind die Umsetzer“
Möller beobachtet in seinen Gesprächen mit den Unternehmen auch ein speziell deutsches Problem, das viele Projektverantwortliche umtreibe. „Am meisten wird darüber geschimpft: Wir wissen alles, aber wir kriegen unsere PS nicht auf die Straße“, berichtet er. „Wir haben in Deutschland kein Know-how-Problem, sondern ein Umsetzungsproblem.“
„Die meisten von uns kennen das auch aus dem Privatleben“, sagt er: „Wir nehmen uns fünf Vorhaben vor, machen aber keins richtig, anstatt die Stück für Stück konsequent umzusetzen.“ Auch bei Unternehmensprojekten sei zu beobachten, dass Entscheidungen immer wieder in Frage gestellt würden. „In Deutschland wollen wir es immer allen recht machen.“ Ein wichtiger Lösungssatz sei dabei etwas überraschend: Die Stakeholder müssten oft noch früher eingebunden werden – „allerdings nicht als Wunschkonzert. Das muss gut kanalisiert werden.“
Und genau für solche Fälle, sagt Möller, gebe es ja die Projektmanager: „Wir sind die Umsetzer. Jemand gibt uns das Ziel und die Strategie vor, und wir sorgen dafür, dass sie effektiv und effizient umgesetzt werden.“
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