Neues Netzwerk für Unternehmerinnen stärkt weibliche Perspektiven in der Wirtschaft

Interessen und Kräfte weiblicher Führung bündeln, Ideen zu relevanten Themen und Herausforderungen der Gegenwart sammeln sowie Lösungsstrategien für die Zukunft erarbeiten: Das sind die Ziele des Netzwerks „Unternehmerinnen in der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven“, das sich im Februar im Haus Schütting gegründet hat. Dass der Bedarf an einem Austausch unter weiblichen Führungskräften groß ist, wurde beim ersten Treffen sehr deutlich.

Eine solche Geräuschkulisse dürfte der Schütting in seiner jahrhundertelangen Geschichte selten erlebt haben. Laut, lebhaft und ausgesprochen kontaktfreudig ging es vor Beginn des offiziellen Programms im Großen Saal und dann später auch bei den Stehtisch-Gesprächen im Plenarsaal zu, als die 60 anwesenden Unternehmerinnen und Frauen in Führungspositionen zum ersten Mal in diesem Rahmen aufeinandertrafen. Sie freue sich enorm über die große Resonanz, stellte Handelskammer-Vizepräses Verena Grewe in ihrer Begrüßungsansprache fest. „Starke Frauen sind Vorbilder für andere Frauen und für die kommende Generation“, betonte sie. „So leisten sie einen Beitrag für den Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft.“

Viele Studien würden belegen, dass ein gutes Netzwerk für das berufliche Vorankommen häufig mindestens so wichtig sei wie die eigene Leistung oder Kompetenz, erläuterte Verena Grewe. „Und trotzdem vernachlässigen es gerade viele Frauen, Kontakte zu pflegen. Sich aktiv zu positionieren, fällt ihnen oft schwerer als Männern.“ Das neu gegründete Netzwerk will dabei helfen, das zu ändern – und mehr weibliche Perspektiven auch in die Arbeit der Handelskammer einzubringen. Im Ehrenamt der Kammer beträgt der Frauenanteil derzeit rund 20 Prozent im Plenum und in den Ausschüssen. „Da ist noch Luft nach oben“, machte die Vizepräses deutlich.

Ebenfalls Luft nach oben ist in anderen Bereichen der deutschen Wirtschaft: So beträgt der Frauenanteil an allen Gründungen in Deutschland lediglich rund 30 Prozent. Nur knapp acht Prozent der Personen, die Patente anmelden, sind Erfinderinnen. Und mit Blick auf alle Übernahmen bei der Unternehmensnachfolge liegt der Frauenanteil bei etwa 20 Prozent. Das berichtete Julia Arnold, Projektleiterin des 2014 gegründeten bundesweiten Netzwerks Business Women IHK der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), in dem sich mehr als 300 ehrenamtlich in den 79 Industrie- und Handelskammern engagierte Unternehmerinnen für Chancengleichheit in der Wirtschaft einsetzen.

Arnold erläuterte den zur Stärkung des Frauenanteils entwickelten Aktionsplan „Werde Unternehmerin“ und betonte die Bedeutung des Netzwerkens: „Gemeinsam sind wir stärker und können mehr bewegen.“ Zu dem Aktionsplan gehören neben den deutschlandweiten Frauennetzwerken auch Angebote zum Weltfrauentag sowie Angebote für Schülerinnen beim IHK-Girls-Day „Ich werde Chefin“, die zukünftig auch bei der Handelskammer Bremen aufgegriffen werden.

Offener Austausch kommt gut an

Neben Verena Grewe, Geschäftsführerin der in Bremen ansässigen Kommanditgesellschaft Arthur Behrens Elektronische Bauteile, berichteten beim Gründungstermin drei weitere weibliche Führungskräfte aus dem Plenum der Handelskammer von ihren Erfahrungen. Dazu gehörte zum Beispiel Stephanie Reimer, Alleingesellschafterin von Reimer Logistics, die sich begeistert von der Gründung des neuen Netzwerks zeigte. Sie betonte, wie wichtig ihr der offene und ehrliche Dialog in diesem Umfeld sei. „Erfahrungsgemäß ist es in einer geschützten Umgebung besser möglich, sich vertrauensvoll und auf Augenhöhe auszutauschen, da wir häufig die gleichen Herausforderungen in der Berufswelt haben“, sagte sie. Zudem hob sie hervor, dass das Netzwerk eine wertvolle Gelegenheit biete, voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen.

Oder Vizepräses Marita Dewitz: Die frühere Apotheken-Inhaberin und jetzige Apotheken- und Gesundheitsberaterin machte deutlich, dass sie sich mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit als Frau habe positionieren wollen und dass es im Plenum und in den Ausschüssen der Handelskammer viele Möglichkeiten gebe, etwas zu bewegen. Und schließlich Lene Knoll von Lenes Bio Backstube, die sich nach wenigen Wochen im Plenum schon begeistert von der Atmosphäre in dem Gremium zeigte und auch mit Blick auf das neue Unternehmerinnen-Netzwerk feststellte: „Austausch bringt uns immer weiter.“

Nach einem Ortswechsel in den Plenarsaal diskutierten die Frauen in kleinen Gruppen, welche Themen das Netzwerk künftig wo, wann und wie aufgreifen soll. Bei der Abstimmung an den entsprechenden Pinnwand-Einträgen zeigte sich, dass beim präferierten Veranstaltungsort das Haus Schütting als „Homebase“ ganz vorne landete, während bei der Themenfindung zum Beispiel „Female Finance“ und „gute Führung“ den Frauen am Herzen liegen. Mit Blick auf die vielen zustimmenden Rückmeldungen und die intensiven Gespräche an diesem Abend zog Vizepräses Verena Grewe nach der Auftaktveranstaltung ein durchweg positives Fazit. „Es ist deutlich geworden, dass es einen großen Bedarf für ein solches Format in unserer Handelskammer gibt“, stellte sie fest. „Auch wenn wir uns vielleicht wünschen würden, schon weiter zu sein und keine Veranstaltungen mehr speziell für Frauen zu brauchen.“

Die Förderung von Unternehmerinnen in Bremen und Bremerhaven wird ab sofort ein Schwerpunkt in der Arbeit der Handelskammer sein. Das neue Netzwerk richtet sich an Unternehmerinnen, Frauen in Führungspositionen, weibliche Mitglieder der Wirtschaftsjunioren in Bremen und Bremerhaven sowie Ehrenamtlerinnen der Handelskammer. Für das laufende Jahr sind drei weitere Netzwerk-Treffen geplant.

Kontakt für das Unternehmerinnen-Netzwerk in der Handelskammer:
Christiane Weiß, weiss@handelskammer-bremen.de, 0421/3637-248