Eventagenturen und Veranstaltungstechniker haben während der Pandemie neue Einnahmequellen entwickelt.
Ob Hochzeit oder Messe, Konzert, Festival oder eine andere Großveranstaltung – die Eventmanagement-Unternehmen sind per se darauf ausgerichtet, viel mit Menschen zu tun zu haben; und die Betonung liegt auf viel. Nun ist aber gerade dieses Wörtchen eines, das so gar nicht zur Pandemie der letzten anderthalb Jahre passen mag – und fast zwangsläufig gehörten die Eventplaner zu denjenigen, die es in der Corona-Zeit am schwersten hatten.
„Das Geschäft war fast tot“, sagt etwa Tobias Meisner, Geschäftsführer der Eventagentur Team Meisner. Langsam werde es zwar normaler, da zumindest draußen wieder einiges stattfinden könne, so Meisner, aber eine vernünftige Planbarkeit gebe es nach wie vor nicht: „Wir haben gerade die Anfrage bekommen, eine Weihnachtsfeier für 400 Leute zu organisieren – aber wir können ja einmal mehr nicht voraussehen, ob das dann möglich ist. Wir wissen nicht, wie die Politik entscheidet, und das macht es nach wie vor sehr schwer.“
Auch Christian Seidenstücker, Geschäftsführer der Joke Event AG, einer Agentur für Markeninszenierung, Live-Kommunikation und virtuelle Events, sagt: „Wir mussten erst einmal auf den Moment reagieren, waren zunächst Storno-Weltmeister. Dann kamen die Überlegungen, was man machen kann.“ Joke wurde fündig: Im Zusammenspiel mit Politik und Verwaltung spielte die Agentur eine tragende Rolle bei der Errichtung des Bremer Impf-Zentrums (siehe Extra-Geschichte).
Immerhin, sagt auch Meisner, sei wieder ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Das war mitten in der Pandemie, speziell im vergangenen Herbst, als die Inzidenzwerte wieder nach oben schnellten, bekanntlich anders. Die Unternehmen mussten nach neuen Wegen suchen, um zu überleben und idealerweise neue Einnahmequellen zu erschließen.
Live-Übertragungen im Internet
So wie bei Andreas Beer von Active Blue. Der Veranstaltungstechniker und Chef des Unternehmens war seit 1990 erfolgreich auf dem Markt unterwegs, entwickelte sich zu dieser Zeit zu einem europaweit tätigen Dienstleister für Licht, Ton und Veranstaltungstechnik auf Events aller Art mit 20 Mitarbeitern – und wurde wie seine Kollegen im Frühjahr 2020 von der Pandemie kalt erwischt. Auch Beer versuchte vieles, mischte beim „Autolustspiel“ mit, einer Veranstaltungsreihe, die Show-Acts mit Autokino-Flair verband – was aber weitgehend floppte.
Doch Beer gab nicht auf: Aus der Notwendigkeit heraus, Aufgaben für die Auszubildende zu generieren, und dem Umstand, einen großen, überwiegend ungenutzten Lagerbereich von fast 1000 Quadratmeter zur Verfügung zu haben, entstand die Idee, dort eine Probebühne zu errichten und das Unternehmens-Angebot auf den Streaming-Bereich auszuweiten, also die Live-Übertragung von Veranstaltungen via Internet.
„Dann ging es Schlag auf Schlag“, erzählt Beer. „Es gab schnell erste Kunden-Nachfragen, und es wurden immer mehr. Im Oktober hatten wir dann aus der Probebühne ein kleines Studio gemacht.“ Neben Active Blue gründete der 52-Jährige dafür ein zweites Unternehmen, die Streamlab Studios.
Um die Firma zu retten, habe er einiges Geld in die Hand nehmen müssen, erzählt Beer: Rund 200.000 Euro habe er investiert. Leicht sei das nicht gewesen: „Ich habe meine 100 Tage des Zweifelns gehabt, als die erhofften Hilfen ausblieben“, erzählt er: „Ich habe mit meinen Mitarbeitern gesprochen und gesagt, wenn ihr hinter mir steht, mache ich weiter.“ Mit Erfolg, wie er heute weiß – denn dieser Plan ging auf. Immer mehr Kunden nutzen die Hilfe und das Know-how der Streamlab Studios, um ihre Online-Events zu einem Erfolg werden zu lassen.
Die Solidarität zu den Kollegen in der Branche ist trotz der Auftragsflaute noch immer stark ausgeprägt. Kleine „One Man Shows“ seien natürlich besonders gebeutelt, sagt Beer. „Da haben wir es als etwas größere Unternehmen leichter – vor allem dann, wenn wir in der Lage sind, etwas Geld in die Hand zu nehmen und zu investieren.“
Innerhalb der Veranstaltungsbranche wird genau hingeschaut, was wieder geht und was die Kollegen so machen: „Auf der Seebühne Bremen sind wir jetzt auch im Einsatz, dort haben wir das Streaming übernommen“, berichtet Beer. Er freue sich sehr, dass derartige Konzerte wieder angeboten werden: „Das ist sehr mutig.“ Insgesamt ziehe das Geschäft jetzt deutlich an: „Seit Veranstaltungen wieder erlaubt sind, steht das Telefon nicht mehr still.“
Veranstaltungs-Catering fürs Home Office
Vor einer extrem schwierigen Situation stand im Frühjahr 2020 auch das Bremer Event- und Catering-Unternehmen Geschmackslabor – und auch in diesem Fall wurden besondere Lösungen gefunden, um das Geschäft zumindest einigermaßen am Laufen zu halten. Sprich: Aus der Not heraus wurden neue Geschäftsfelder erobert. Das 2007 gegründete Geschmackslabor entwickelte einen Online-Shop, über den sich beispielsweise Teilnehmer von Videokonferenzen nun Essensboxen mit hochwertigen Gerichten bestellen können – einmal mehr diente die Digitalisierung damit als Chance auch in der Krise. Eine Chance, die die Verantwortlichen des Geschmackslabors gut zu nutzen wussten.
Projektleiter Felix Wiegandt berichtet: „Zunächst hat die Pandemie komplett für Einbrüche gesorgt, eine Storno-Welle jagte die andere, wir haben sehr viele Aufträge im großen Stil verloren.“ Auf nicht weniger als sechs Millionen Euro schätzt Wiegandt die Verluste: „Insbesondere der Herbst war hart, im vergangenen Sommer gab es zumindest ein paar kleinere Aufträge, so wie es jetzt auch wieder kleinere Events gibt.“
Aber dem Managing Director für Event und Geschäftsentwicklung, Jens Wehrenberg, und seinem Team war klar: Es muss etwas passieren, neue Ideen müssen her. „Also haben wir das Online-Geschäft aufgezogen“, berichtet Wiegandt, „darüber konnten wir die Kontakte zu den Kunden halten, Mitarbeiter weiter beschäftigen und nicht zuletzt mit unserer Agentur im Gespräch bleiben.“
Neu war dabei vor allem der Speisenversand inklusive Packaging. Das alles musste entwickelt und gestaltet werden. Viele Kräfte mussten dafür gebündelt werden, zumal das Geschmackslabor den Anspruch erhebt, innerhalb von 48 Stunden zu liefern – mit Frische-Garantie. Kunden sind beispielsweise die Ausrichter und Teilnehmer von Video-Konferenzen, aber auch die Veranstalter kleinerer Geselligkeiten, soweit sie in den Zeiten der Pandemie erlaubt waren.
2000 Enten zu Weihnachten
Der Erfolg gibt den Verantwortlichen recht: „Wir haben sehr viele Bestellungen bekommen und für unser Weihnachtsmenü alleine über 2000 Enten ausgeliefert.“ Neben der Angebotsvielfalt war den Verantwortlichen wichtig, ein rundes Gesamtpaket zu liefern, zu dem auch kleine Schildchen gehören, die in der Konferenz hochgehalten werden können. „Das war aber eher als Gimmick gedacht“, so der Projektleiter.
Der Online-Shop wurde damit quasi zum vierten Standbein für die Agentur, die unter anderem das General Catering für die Messe Bremen macht; ein weiterer Bereich neben dem Vertrags-Catering, dem Außer-Haus-Catering und der Belieferung der Schulen, „die zuletzt zum Glück ja auch wieder angelaufen ist.“
Extra für den Sommer hat der Shop neuerdings auch sechs verschiedene Grillboxen im Angebot. „Ein anderer Online-Shop, so wie wir ihn betreiben, ist mir nicht bekannt“, sagt Wiegandt, der aber auch einräumt: „Es ist insgesamt definitiv aufwändiger als das, was wir sonst machen – aber immerhin konnten dafür auch diverse Mitarbeiter aus der Kurzarbeit herausgeholt werden.“