Modernes Projektmanagement stärkt Bremer Unternehmen

Bremen ist seit Jahrzehnten eine internationale Hochburg des Projektmanagements – sowohl in der Wirtschaft als auch an den Hochschulen. Prof. Helga Meyer von der Hochschule Bremen und Dr. Thor Möller von der Gesellschaft für Projektmanagement erläutern, warum Bremen sich hervorhebt und welche Trends aktuell für Unternehmen wichtig sind.

Mit den Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit stehen Unternehmen in den kommenden Jahren umfassende Veränderungsprozesse bevor. Professionelles Projektmanagement wird dabei immer wieder eine zentrale Rolle spielen und über den Erfolg und Misserfolg vieler Vorhaben entscheiden. Entsprechend wichtig ist es, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über das nötige Know-how verfügen – und Bremen ist dafür ein idealer Standort, denn die Hochschulen vermitteln in diesem Bereich besondere Kompetenzen. Auch die Wirtschaft hat schon oft gezeigt, dass sie große Vorhaben umsetzen kann. Bei der Digitalisierung erweisen sich darüber hinaus einige Teile der Verwaltung als Vorreiter für andere Bundesländer.

„Bremen ist spitze im Projektmanagement“, betont Dr. Thor Möller, kommissarischer Präsident der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement. „In der ganzen Welt gibt es Vorzeigeprojekte von Bremer und Bremerhavener Unternehmen.“ Ein Grund dafür sei, dass an den Bremer Hochschulen seit vielen Jahren Studierende und Praktiker aus der ganzen Welt aus- und weitergebildet wurden. „In den letzten Jahrzehnten habe ich in anderen Ländern immer wieder Persönlichkeiten des Projektmanagements getroffen, die ins Schwärmen kamen als sie hörten, dass ich aus Bremen komme, weil sie hierher eine besondere Verbindung haben.“

Experte mit Weltruf

Maßgeblicher Treiber dieser Entwicklung war Professor Sebastian Dworatschek, der 1976 als erfolgreicher Manager aus der Praxis zum Professor für Betriebswirtschaft an die Universität Bremen berufen wurde. Der Wirtschaftsingenieur setzte sich massiv für das Projektstudium ein und verband dabei laut Möller die Wissenschaft und die Praxis in bisher unbekannter Weise.

Im Jahr 1988 gründete Dworatschek eines der ersten Institute an der Universität – das Institut für Projektmanagement und Wirtschaftsinformatik (heute Institut für Projektmanagement und Innovation / IPMI). Als Doktorvater betreute er mehr als 40 Doktoranden, wovon jetzt mindestens 10 selbst als Professorinnen und Professoren tätig sind. Der Autor von rund 20 Büchern unterstütze in vielen Ländern den Aufbau von Studiengängen und Projektmanagement-Zertifizierungssystemen. Als Berater der Weltbank half er in den 1990er Jahren beim Aufbau der Ukraine.

Thor Möller ist selbst einer der ehemaligen Doktoranden, „die seit Ender der 90er durch die Welt tingeln und das Projektmanagement nach vorne bringen“ – beispielsweise auf Auslandsstationen in Portugal, Brasilien und Ägypten. Von Ganderkesee aus ist er weltweit als Berater und Trainer in Hochschulen und Unternehmen tätig, aber er behält den Bezug zur Praxis auch im eigenen Betrieb, der Bremer Firma Hanselack.

Zurzeit sammelt Möller Fallbeispiele aus regionalen Unternehmen für ein neues Buch. „Bremen wird in wirtschaftlichen Fragen immer als Stiefkind hingestellt, dabei haben wir hier Spitzentechnologie und Spitzenprojekte, die diese Technologien erzeugen.“ Auch in Bremerhaven gebe es „richtige Top-Firmen. Eines der beliebtesten Beispiele in meinen Trainings ist die Firma Frosta, weil die schon seit vielen Jahren nachhaltig arbeitet und ein großes Vorbild für mich ist.“

Bundesweite Modellprojekte für die Digitalisierung

Auch Prof. Dr. Helga Meyer, Professorin für Projektmanagement und Leiterin des Studiengangs Public Administration – und ebenfalls ehemalige Doktorandin des IPMI, arbeitet aktuell an ihrem Buch: Die Neuauflage des Werks „Projektmanagement – Von der Definition über die Projektplanung zum erfolgreichen Abschluss“ wird voraussichtlich ab Herbst online verfügbar sein. Das Buch, das sie ursprünglich gemeinsam mit dem mittlerweile verstorbenen Airbus-Ingenieur Heinz-Josef Reher geschrieben hatte, richtet sich sowohl an Studierende als auch an Praktiker in Unternehmen.

Meyer hebt hervor, dass neben den großen Konzernen in Branchen wie Luft- und Raumfahrt, Rüstung, Automobilbau und Schiffbau auch viele kleine und mittlere Unternehmen in Bremen professionelles Projektmanagement betreiben. Im öffentlichen Dienst gebe es ebenfalls bundesweite Vorzeigeprojekte. Dazu zählt sie beispielsweise das Modellprojekt ELFE („Einfache Leistungen für Eltern“) – darin werden verschiedene Behördenleistungen vor und nach der Geburt eines Kindes in einem Kombi-Antrag zusammengeführt, unter anderem die Anträge für Elterngeld, Kindergeld und Geburtsurkunde.

Als weiteres Beispiel nennt sie das bundesweite Datenschutzcockpit, das in Bremen implementiert und pilotiert wird. Mit Hilfe einer einheitlichen ID-Nummer sollen Bürgerinnen und Bürger künftig ihre Daten, die den Behörden bereits vorliegen, für verschiedene Zwecke nutzen können, ohne sie immer neu eingeben zu müssen. Mit dem Datenschutzcockpit erhalten Bürgerinnen und Bürger Transparenz über ihre gesammelten Daten und können jederzeit nachvollziehen, wann und wo ihre Daten verwendet wurden.

Studierende verstärken mit ihrem Know-how die Unternehmen

Die Projektmanagement-Ausbildung nimmt an der Hochschule Bremen einen sehr hohen Stellenwert ein. Allein in der Fakultät Wirtschaftswissenschaften starten 620 junge Menschen pro Jahr ihr Studium, nahezu alle von ihnen absolvieren ein komplettes Modul im Bereich Projektmanagement – auf der Basis international anerkannter Standards. Viele von Ihnen gehen während ihres Studiums für ein Jahr ins Ausland oder kommen bereits von dort nach Bremen, um in den internationalen Masterstudiengängen des International Graduate Center ihr Studium zu absolvieren. „Die Ausbildung lebt dabei stark von Praxisprojekten“, betont Meyer, denn die Theorie sei manchmal etwas grau und sehe auf den ersten Blick oft einfach aus.

Praxisprojekte, meint sie, haben zugleich den Vorteil, die verschiedenen Teildisziplinen der Wirtschaft zu einem sinnvollen Ganzen zu verknüpfen. Ehemalige berichten ihr regelmäßig vom hohen Nutzen der Ausbildung bei ihrer praktischen Tätigkeit. „Projektmanagement hat mir so sehr geholfen bei meinem Einstieg ins Berufsleben“ ist eine Rückmeldung, die Meyer immer wieder hört.

Thor Möller glaubt, dass die gute Ausbildung an den bremischen Hochschulen sich in der Wirtschaft bemerkbar macht, zumal viele Studierende aus der Region kommen und auch hier einen Arbeitsplatz annehmen. „Ich bin sicher, dass wir die Firmen hier in Bremen durch gutes Projektmanagement erfolgreicher machen“, sagt er.

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