In der Forschung ist das Land Bremen bereits eine Hochburg der Künstlichen Intelligenz (KI). Nun geht es darum, diese Stärke in die regionale Wirtschaft zu übertragen. Bereits jetzt zeigen Beispiele aus verschiedensten Branchen, wie sich die neuen Technologien in einen Wettbewerbsvorteil umsetzen lassen – auch ohne massive Investitionen.
Der Supermarkt der Zukunft entsteht zurzeit in Bremen. Wer das Geschäft betritt, lässt sich vom Smartphone zu den gewünschten Produkten führen und kann Fragen stellen wie: „Welche Produkte sind für Kinder geeignet?“ Ein Roboter füllt die Regale auf, während das Warenwirtschaftssystem im Hintergrund automatisch Produkte nachbestellt und dabei Anweisungen gibt, in welcher Reihenfolge sie im Zentrallager auf die Paletten gestapelt werden sollen – so vermeidet der Laden später verstopfte Gänge und langes Suchen beim Auspacken. Die Bestellung beim Geschäft „um die Ecke“ ist natürlich auch von zu Hause aus möglich.
An diesem Szenario arbeiten mehrere Partner im Projekt „Knowledge4Retail“, das den stationären Handel im Wettbewerb mit dem reinen Onlinehandel durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und Robotik stärken soll. Die wissenschaftlichen Grundlagen werden im Institut für künstliche Intelligenz (IAI) an der Universität Bremen erforscht, das Team Neusta setzt die Erkenntnisse in praxisgerechte Software um. Auch die Drogeriemarktkette DM und das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) sind – neben weiteren Partnern – im Boot.
Chancen in allen Branchen
Während die umfassende Umsetzung von Knowledge4Retail im Einzelhandel aufgrund des ehrgeizigen Projektumfangs noch einige Jahre auf sich warten lassen wird, befinden sich viele andere KI-Lösungen bereits im produktiven Einsatz in Bremer und Bremerhavener Unternehmen – oder sie werden dort entwickelt. „KI ist ein großes, vielversprechendes Thema für Bremen“, betont Roland Becker, Mitbegründer des Clusters Bremen.AI und CEO der Firma Just Add AI. „Das kann ein sehr wichtiger Standortfaktor werden, wenn wir es richtig machen.“ Chancen böten sich dabei in allen Branchen, so Becker. „Es kann überall viel gemacht werden. Mir fällt keine Branche ein, von der ich sagen würde, da gibt es kein Einsatzgebiet für KI.“
Die Plattform Lernende Systeme, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) initiiert wurde, kommt zum gleichen Ergebnis. Ihre KI-Landkarte verzeichnet die meisten Anwendungen in den Bereichen Gesundheit/Pharma, Verarbeitendes Gewerbe, Mobilität/Logistik, Information/Kommunikation und Energie/Umwelt. Aber auch zahlreiche weitere Branchen sind vertreten. Genutzt wird die KI beispielsweise für die Analyse großer Datenmengen, die Bilderkennung, die Spracherkennung und die Steuerung von Maschinen.
KI-Transferzentren in Bremen und Bremerhaven
Um die KI-Landschaft des Bundeslandes Bremen zu unterstützen, haben die Senatorinnen für Wirtschaft und Wissenschaft im Herbst eine gemeinsame KI-Strategie veröffentlicht, die unter Beteiligung vieler lokaler Akteure erstellt wurde. Ein zentrales Instrument ist dabei der Aufbau eines KI-Transferzentrums mit zwei Standorten in Bremen und Bremerhaven. Das Zentrum soll in den nächsten eineinhalb Jahren als virtuelle Plattform und als reale Anlaufstelle entstehen. Die virtuelle Plattform soll alle Forschungsaktivitäten und Angebote bündeln, beispielsweise Veranstaltungen, Weiterbildungen und Fördermaßnahmen. An den beiden Standorten des KI-Transferzentrums werden unter anderem Showrooms eingerichtet und Veranstaltungen angeboten.
Mehr Investitionen des Landes gefordert
Roland Becker, der an der Strategie mitgearbeitet hat, findet sie inhaltlich richtig. Er wünscht sich allerdings, dass neben dem Transferzentrum noch mehr Maßnahmen aus dem Konzept mit finanziellen Mitteln hinterlegt werden, damit sie umgesetzt werden können. Um den Transfer aus der Wissenschaft in die Wirtschaft weiter zu beschleunigen und Bremens aktuellen Vorsprung nicht zu verlieren, plädiert er zudem für weitere neue Konzepte: Wichtig seien finanzielle Anreize, um die Hürden beim erstmaligen Einsatz von KI zu senken, sowie Maßnahmen zum Verbreiten von Wissen über KI in den Unternehmen. Darüber hinaus sei es sinnvoll, Start-ups in der KI stärker zu fördern – vergleichbar mit denen im Bereich „New Space“. Nur so könne Bremen im Wettbewerb mit anderen Standorten bestehen.
Unternehmen, die sich für KI interessieren, können sich beim Cluster Bremen.AI über individuelle Möglichkeiten, Fallbeispiele und Umsetzungspartner informieren.
Aktuelle Förderprogramme für die Umsetzung von KI-Projekten finden Sie hier.
Was ist Künstliche Intelligenz?
Die „Plattform Lernende Systeme“ definiert KI als Teilgebiet der Informatik, das versucht, kognitive Fähigkeiten wie Lernen, Planen oder Problemlösen in Computersystemen mit Hilfe von Algorithmen zu realisieren. Der Begriff KI stehe auch für Systeme, die ein Verhalten zeigen, für das üblicherweise menschliche Intelligenz vorausgesetzt wird. Ziel moderner KI-Systeme sei es, Maschinen, Roboter und Softwaresysteme zu befähigen, abstrakt beschriebene Aufgaben und Probleme eigenständig zu bearbeiten und zu lösen, ohne dass jeder Schritt vom Menschen programmiert wird. Dabei sollen sich die Systeme auch an veränderte Bedingungen und ihre Umwelt anpassen können.