Viele Unternehmen sind händeringend auf der Suche nach Arbeitskräften – und haben dabei häufig nicht im Sinn, dass behinderte Menschen wertvolle Ressourcen einbringen können. Für Arbeitgeber, die junge Menschen mit Behinderung ausbilden oder einstellen, hat die Agentur für Arbeit vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten im Angebot.
Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, darüber besteht in der öffentlichen Diskussion Konsens. Was allerdings häufig vergessen wird: Gelingen kann sie nur, wenn behinderten Menschen die Teilhabe am Arbeitsleben gewährleistet ist. Was im Übrigen auch für die Unternehmen von Vorteil ist, wie Carola Brunotte betont: „Jedes Jahr gehen deutlich mehr ältere Menschen in Rente, als jüngere die Schule verlassen“, sagt die Repräsentantin der Jugendberufsagentur (JBA) Bremen. „Wir befinden uns in einem Wettbewerb um Auszubildende – da ist es im Interesse der Betriebe, auch junge Leute mit Behinderung als Arbeitskräfte mit einzubinden.“
Für die Einstellung von Menschen mit Behinderung und so genannten Rehabilitanden gibt es diverse Unterstützungsangebote. Letztere sind Menschen, die Anspruch auf Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben haben, aber nicht zwingend schwerbehindert sind – die zum Beispiel eine Lernbehinderung haben oder denen eine Schwerbehinderung droht. Als finanzielles Förderinstrument steht hier unter anderem der Ausbildungszuschuss zur Verfügung, nach der Ausbildung auch die Probebeschäftigung und der Eingliederungszuschuss, durch den ein erheblicher Teil der Lohnkosten gedeckt werden kann. Darüber hinaus hat das Land Bremen vor Jahren ein Sonderprogramm aufgelegt, das Betriebe bei der Ausbildung von schwerbehinderten Menschen zwei Jahre lang mit bis zu 500 Euro pro Monat unterstützt.
Beratung hilft weiter
Auch klassische Förderinstrumente wie Einstiegsqualifizierung, Assistierte Ausbildung oder Berufsausbildungsbeihilfe können Betriebe und Auszubildende mit Behinderung in Anspruch nehmen. Und sie können technische Hilfen und persönliche Assistenzen beantragen, die sie zur Verrichtung der Arbeit benötigen: vom Bau einer Rollstuhlrampe bis zur Vorlesekraft für Menschen mit Sehbehinderung. „Die meisten Unternehmen wissen gar nicht, wie vielfältig die Unterstützungsmöglichkeiten sind“, sagt Stefan Schöttle, Arbeitsvermittler und Rehaspezialist im gemeinsamen Arbeitgeber-Service von Arbeitsagentur und Jobcenter Bremen. „Es hängt immer vom Einzelfall ab, welche davon passen und letztlich zum Tragen kommen. Dafür sind wir in der Beratung da, um genau das zu klären.“
Was sowohl ihm als auch seiner Kollegin Carola Brunotte wichtig ist: „Wenn wir über Behinderungen sprechen, sollten wir nicht immer nur an Menschen mit sichtbaren körperlichen Behinderungen denken“, macht Brunotte deutlich. „Das kann auch eine Diabetes oder eine überstandene Krebserkrankung sein, darum sollte der Begriff weiter gefasst werden.“ Tatsächlich gehe es in der Beratungspraxis von JBA und Arbeitsagentur am häufigsten um junge Menschen mit einer Lernbehinderung. „Sie können vielleicht keine Vollausbildung machen, weil sie die Theorie in der Berufsschule nicht schaffen“, erläutert die JBA-Repräsentantin. „Aber sie können in der Praxis oft tolle Arbeit leisten.“
Theoriereduzierte Ausbildung: In der Praxis punkten
Wenig bekannt ist, dass die Arbeitsagentur zusammen mit verschiedenen Trägern sogenannte theoriereduzierte Ausbildungen anbietet – und zwar nicht nur in handwerklichen Berufen, sondern zum Beispiel auch im Gastgewerbe, in der Lagerlogistik, im Verkauf und in der Bürokommunikation. Am Ende der Ausbildung steht die Kammerprüfung als Fachpraktiker beziehungsweise Fachpraktikerin. „Während der Ausbildung suchen sich die jungen Leute Betriebe, in denen sie ihre Praktika machen“, berichtet Stefan Schöttle. „Daraus entstehen dann häufig Kontakte, die später in feste Anstellungen münden.“ Für die Unternehmen seien diese Arbeitskräfte eine sehr gute Möglichkeit, ihre Fachkräfte zu entlasten und gute praktische Arbeit ins Haus zu bekommen.
Zusätzliche Arbeitskräfte auf einem umkämpften Arbeitsmarkt und finanzielle Vorteile sprechen aus Sicht von Carola Brunotte eindeutig dafür, dass sich Betriebe mit der Einstellung von Menschen mit Behinderung und Rehabilitanden auseinandersetzen sollten. Nicht zuletzt lasse sich dadurch auch die Ausgleichsabgabe einsparen, die Unternehmen zu leisten haben, die nicht die gesetzlich vorgeschriebene Zahl von schwerbehinderten Menschen beschäftigen. Und noch einen weiteren Punkt ergänzt sie: „Es gibt überall Mitarbeitende, die älter werden und vielleicht irgendwann Hilfsmittel brauchen, um ihre Arbeit noch erledigen zu können“, sagt Brunotte. „Da ist es gut, wenn sich ein Betrieb in diesen Dingen schon auskennt und weiß, welche Möglichkeiten es gibt. Letztlich ist das auch ein Beitrag zur Sicherung von Beschäftigung.“
Interessierten Unternehmen steht Stefan Schöttle für weitere Auskünfte und Beratungen zur Verfügung:
Stefan Schöttle
Tel.: 0421/178-1103
Mail: Bremen-Bremerhaven.344-Arbeitgeber-Service@arbeitsagentur.de
Bild oben:
Die Agentur für Arbeit bietet umfassende Unterstützungsmöglichkeiten an, um Unternehmen die Ausbildung oder reguläre Einstellung von Menschen mit Behinderungen zu erleichtern. Kandidatinnen und Kandidaten finden sich unter anderem bei den Elbe-Weser Welten in Bremerhaven oder dem Martinsclub in Bremen.