Jahresbericht 2023: Schwierige Rahmenbedingungen dämpfen die Stimmung

Das vergangene Jahr hat für die bremische Wirtschaft eine deutliche konjunkturelle Abschwächung mit sich gebracht, und das über alle Branchen hinweg. Vor dem Hintergrund zahlreicher Herausforderungen, Risiken und Unsicherheiten ist ein wirtschaftlicher Aufschwung derzeit nicht in Sicht.

„Bestenfalls ein gemischtes Jahr, mit einem klaren Rückgang gegenüber 2022“: So brachte Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht das vergangene Jahr bei der Vorstellung des Jahresberichts 2023 kurz und knapp auf den Punkt. Dabei komme der Druck auf die Wirtschaft von vielen Seiten, sagte der Präses und benannte die Politik als einen wesentlichen Faktor. „Wir als Wirtschaft fühlen uns zunehmend reglementiert und mit immer mehr Auflagen belastet – ob es nun aus Berlin oder Brüssel kommt. Das muss sich dringend ändern.“

Von den Verantwortlichen in Bund und Ländern forderte Dubbers-Albrecht eine Zeitenwende in der Wirtschaftspolitik sowie deutliche Impulse für mehr Investitionen. „Vor allem brauchen wir weniger staatliche Regulierung und stattdessen mehr Freiheit und Eigenverantwortung“, betonte er. Unternehmen würden dann investieren, wenn sie Chancen sähen: „Nur mit einer wachsenden Wirtschaft lassen sich auch wichtige staatliche Aufgaben solide finanzieren.“ Für Bremen und Bremerhaven müsse es oberstes Gebot sein, bei einer knappen Haushaltslage die vorhandenen Möglichkeiten in allen Bereichen effizienter zu nutzen, damit mehr Investitionen in standortstärkende Investitionen fließen könnten.

Fünf große Herausforderungen

Präses Dubbers-Albrecht identifizierte fünf Herausforderungen, die aus Sicht der Wirtschaft zuletzt besonders wichtig waren und perspektivisch auch bleiben werden.

1. Den Wirtschaftsstandort stärken / Transformation einleiten
Die kommenden Monate seien für die weitere Entwicklung der deutschen Wirtschaft von großer Bedeutung, sagte Dubbers-Albrecht. „Denn alles, was jetzt an Belastungen oder Entlastungen in Berlin und Brüssel entschieden wird, wirkt sich direkt auf die Investitionspläne der Betriebe aus.“ Neben den aktuellen geopolitischen Krisen bringe auch die Transformation der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität große Herausforderungen mit sich: „Deshalb ist es wichtig, die Investitionskraft der Betriebe zu stärken.“

2. Neujustierung der öffentlichen Haushalte
Bei der erforderlichen Neujustierung des Bremer Haushalts komme es darauf an, durch Sparen Prioritäten zu setzen. „Durch Einsparungen im konsumtiven Bereich und Effizienzsteigerungen in der Verwaltung lassen sich Spielräume für wachstumsfördernde Investitionen schaffen“, stellte der Präses fest. Als positives Beispiel für eine gelungene Schwerpunktsetzung nannte er die Bestandssicherung und Sanierung der bremischen Brücken anstelle einer Priorisierung des Neubaus von Fahrradbrücken. Eine Schuldenfinanzierung solle grundsätzlich nur für besonders wichtige Investitionen erfolgen, so zum Beispiel für den klimagerechten Umbau des Bremer Stahlwerks.

3. Weniger Bürokratie, mehr Freiheit
An einer Entbürokratisierung gehe kein Weg vorbei, sagte Dubbers-Albrecht. Alle neuen Verfahrensregeln sollten künftig zunächst durch einen Praxis-Check unter Beteiligung der Wirtschaft gehen: „Nur so lässt sich frühzeitig erkennen, was im betrieblichen Alltag funktioniert.“ Darüber hinaus sei eine konsequente Anwendung der One-in-one-out-Regelung erforderlich: Für jede neue Vorschrift oder Verpflichtung müsse mindestens eine alte wegfallen.

4. Duale Ausbildung noch attraktiver machen
Der Fachkräftemangel ist und bleibt aus Sicht der Wirtschaft eine der größten Herausforderungen. Die Ausbildungsabgabe sei hier der völlig falsche Weg, betonte der Präses einmal mehr. „Wir brauchen dringend Auszubildende und sind bereit, unseren Beitrag zu leisten. Aber die Voraussetzung dafür ist, dass die schulische Grundbildung im Land Bremen endlich verbessert wird.“

5. Klimaschutz pragmatisch und mit Augenmaß voranbringen
Beim Thema Klimaschutz werde es nun darauf ankommen, durch Anreize auch ehrgeizige Ziele zu erreichen, sagte Dubbers-Albrecht. Wichtig sei dabei eine konsequente Kosten-Nutzen-Rechnung. Mit den politischen Klimazielen könne die Wirtschaft durchaus leben: „Aber auf dem Weg dorthin müssen wir pragmatisch vorgehen und Augenmaß bewahren.“

Konjunkturelle Aussichten bleiben trübe

Einen Überblick über die konjunkturelle Entwicklung gab anschließend Dr. Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer. Nachdem die bremische Wirtschaft das Jahr 2022 mit einem Plus von 5,1 Prozent noch vergleichsweise gut gemeistert habe, habe der Zuwachs in der ersten Jahreshälfte 2023 lediglich 0,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum betragen, berichtete Fonger. Und auch, wenn für das gesamte Jahr noch keine Statistiken vorlägen: „Unsere Konjunkturumfragen deuten auf eine weitere deutliche Abschwächung in der zweiten Jahreshälfte hin. Die Unternehmen haben die Geschäftslage im Jahresverlauf zunehmend negativ bewertet.“ Unter dem Strich gelte dies für nahezu alle Branchen.

Überbordende Bürokratie, geopolitische Gefahren für die Lieferketten, hohe Energie- und Rohstoffpreise, Ausbildungsplatzabgabe, Mangel an Arbeits- und Fachkräften: Es ist eine Vielzahl von Problemen, Risiken und Unsicherheiten, die laut Fonger aktuell die wirtschaftliche Situation belasten. „Die bisherigen Rückmeldungen lassen auch für das laufende Jahr nichts Gutes ahnen“, kündigte er an. Ob sich die bremische Wirtschaft positiv von der bundesdeutschen Entwicklung abheben könne, werde nicht zuletzt von der Entwicklung der Exportnachfrage abhängen, die für die Industrie im Land Bremen von besonderer Bedeutung sei.

Um sich im internationalen Wettbewerb behaupten zu können, sei vor allem für energieintensive Betriebe eine moderate und planbare Entwicklung der Energiepreise wichtig, machte Fonger deutlich. „Um mittel- und langfristige Planungssicherheit herzustellen, brauchen wir verlässliche Konzepte zur Umsetzung der Energiewende.“ Darüber hinaus sei neben Vereinfachungen und Verkürzungen von Verwaltungsverfahren auch der Ausbau von Infrastrukturen dringend notwendig, um die Rahmenbedingungen für den Wettbewerb zu verbessern.

Lesen Sie hier den Jahresbericht 2023