Hybrid als Messe-Trend

Die Präsentation von Produkten und Dienstleistungen auf internationalen Messen hat eine hohe Bedeutung, für den Standort Bremen/Bremerhaven ebenso wie für die hier ansässigen Unternehmen. Auch im Messegeschäft hat die Corona-Pandemie allerdings vieles durcheinandergewirbelt. Es zeigt sich: Digitale Formate können Veranstaltungen bereichern – sie können aber nicht dauerhaft den persönlichen Austausch ersetzen.

Sechs bis acht Gemeinschaftsstände auf internationalen Messen organisiert Bremenports normalerweise pro Jahr. Je nach Größe und Bedeutung präsentieren sich dort jeweils drei bis 30 Unternehmen der bremischen Hafenwirtschaft dem Fachpublikum. Doch normal ist seit anderthalb Jahren gar nichts mehr. Die bisher letzte Messe war die Breakbulk Middle East in Dubai im Februar 2020 – danach sind alle Präsenz-Veranstaltung wegen der Corona-Pandemie ausgefallen.

An der „transport logistic“ in München, die dieses Jahr als Online-Version über die Bühne ging, beteiligte sich Bremenports mit einem Logistics Talk virtuell. „Aber solche digitalen Veranstaltungen haben nicht den gleichen Charakter“, sagt Ronald Schwarze aus der Marketing-Abteilung der Hafengesellschaft. „Für den Erstkontakt sind direkte Treffen enorm wichtig. Unternehmensvertreter machen lieber Geschäfte mit Menschen, zu denen sie im persönlichen Gespräch Vertrauen aufbauen können.“

Die „BreakBulk Americas“ in Houston hatte Ende September die erste internationale Messe sein sollen, an der Bremenports wieder mit einem Gemeinschaftsstand vertreten sein wollte. Doch auch das musste wegen des geltenden US-Einreiseverbots kurzfristig abgesagt werden. „Planungssicherheit gibt es momentan überhaupt nicht“, benennt Schwarze eine der aktuell größten Herausforderungen. Das Marketing-Team von Bremenports habe seit Beginn der Pandemie für verschiedene Veranstaltungen doppelt geplant – digital und analog beziehungsweise mit unterschiedlichsten Hygienekonzepten.

„Wenn man immer wieder organisiert und dann doch nichts stattfindet, ist das schon frustrierend“, macht er deutlich. Das gehe den Unternehmen, die sich an den Messen beteiligen wollen, nicht anders. Mittlerweile sei eine „große Sehnsucht nach Face-to-Face-Kommunikation“ wahrzunehmen, sagt Schwarze: „Alle wollen endlich wieder loslegen.“

Einschränkungen bleiben

Das stellt auch die WFB Wirtschaftsförderung Bremen fest, die ebenfalls Gemeinschaftsstände für heimische Unternehmen auf Messen organisiert. „Wir erleben derzeit einen heißen Herbst mit 13 Veranstaltungen allein zwischen September und November, die nach jetzigem Stand alle analog stattfinden sollen“, berichtet Thorsten Tendahl, Abteilungsleiter Akquisition und Projekte bei der WFB.

Nachdem 2020 bis Anfang März nur vier analoge Veranstaltungen durchgeführt werden konnten, denen bis zum Ende des Jahres noch vier digitale und eine hybride folgten, sind für 2021 insgesamt 19 Messen und Veranstaltungen in Planung und Umsetzung – darunter auch einige neue, die vor Corona noch nicht im Programm waren. „Wir sehen die eindeutige Entwicklung, dass die Menschen wieder zusammenkommen und ihr persönliches Netzwerk pflegen wollen“, so Tendahl.

Einer der wichtigsten Termine im Messe-Kalender ist die „Expo Real“ in München, die dieses Jahr für Mitte Oktober angesetzt ist. Schon jetzt ist klar, dass es außer Maskenpflicht, Abstandsregeln, Plexiglaswänden und zusätzlichen Hygieneschutzmaßnahmen auch diverse weitere Einschränkungen geben wird: So dürfen Gespräche nicht im Stehen stattfinden, an einem Tisch dürfen nur zwei Personen sitzen, die Logopartner der WFB dürfen nur noch einen und die Standpartner nur noch drei Vertreter entsenden.

„Früher hatten wir Unternehmen, die mit bis zu 30 Leuten da waren“, macht Tendahl deutlich, wie massiv die Zahl der Anwesenden reduziert worden ist. Angesichts des neuen Settings sei davon auszugehen, dass der Austausch „links und rechts vom eigentlichen Thema“ leiden werde und dass zum Beispiel Standpartys in der bekannten Form bis auf Weiteres der Vergangenheit angehören.

Als einen Trend für die Zukunft macht der WFB-Abteilungsleiter hybride Veranstaltungen aus. Die Erfahrungen der vergangenen Monate hätten gezeigt, dass rein digitale Messen schwierig seien, weil es dort kaum Möglichkeiten für gezielte und zufällige Begegnungen gebe. „Aber auch, wenn Treffen wieder analog möglich sind, werden wir sicher dabei bleiben, bestimmte Veranstaltungen online zu übertragen oder Videos anschließend ins Netz zu stellen.“

Positiver Blick in die Zukunft

Hans Peter Schneider, Geschäftsführer der Bremer Messegesellschaft M3B, geht ebenfalls davon aus, dass die Ergänzung von Präsenz-Veranstaltungen durch digitale Angebote nicht mehr aus dem Messe-Geschäft wegzudenken ist. „Zu einem Trend wird auch gerade das Angebot von ganzjährigen Community-Plattformen, um Identifikation, Austausch und Networking im Zeitraum zwischen den Veranstaltungen zu stärken – sozusagen eine Verlängerung der Veranstaltung ins Netz.“

Nach seiner Einschätzung werden Fachkongresse und -messen zukünftig stärker ins Zentrum der B2B-Kommunikation treten. Statt individueller Dienstreisen zu Kunden würden zentrale Fachveranstaltungen an Attraktivität gewinnen: „Die Nachhaltigkeit war bereits Trend und hat nun noch weiteren Schwung bekommen.“

Auch in Bremen konnten seit März vergangenen Jahres keine Messen und Kongresse in gewohnter Form mehr durchgeführt werden. In Zahlen heißt das: 2020 fanden lediglich 31 Veranstaltungen mit 224.450 Besuchern vor Ort statt – rund ein Viertel von dem, was ursprünglich geplant war. „Die größte Herausforderung besteht seitdem darin, der allgemeinen Planungsunsicherheit zu begegnen, durch die Gastveranstalter nachhaltig verunsichert sind, Entscheidungsprozesse verlangsamt werden und Akquise nahezu unmöglich geworden ist“, berichtet Schneider.

Ein Neustart ins internationale Messe-Geschäft erfolgt nun mit der „Hydrogen Technology Conference & Expo“ im Oktober sowie der „Space Tech Expo“ im November, für die nach Aussage des Messe-Chefs jeweils große Nachfrage besteht. Besonders freue ihn, dass beide Themen so gut zum Land Bremen und einigen seiner Kernkompetenzen passten: „Raumfahrttechnologie und Wasserstofftechnik – hier kann Bremen sich mit seinen Innovationen profilieren und gleichzeitig als herzlicher Gastgeber auftreten.“

Insgesamt blicke er positiv in die Zukunft, betont Schneider. Die Digitalisierung werde auch im Messe- und Kongressgeschäft ihren Platz finden und Veranstaltungen bereichern. „Was sie aber nicht kann, ist wesentlich: Die Menschen leben vom persönlichen Kontakt, und das können Online-Formate nicht bieten.“