Gesundheitswirtschaft: Hoffnungsträger Digitalisierung

Die Unternehmen und Einrichtungen des Gesundheitswesens leiden unter Personalmangel, Bürokratie und ungenügender Finanzierung. Viele Akteure suchen innovative Auswege, oft mit Hilfe digitaler Technologien.

Im Land Bremen gibt es keine Universitätsklinik, die als sprudelnde Quelle von Innovationen dienen könnte, dafür aber verschiedene andere Leuchttürme des Gesundheitswesens. Dazu zählen beispielsweise die internationalen Hochburgen der Massenspektrometrie, Bruker und Thermo Fisher, sowie das Institut Fraunhofer Mevis und die Mevis Medical Solutions AG mit ihrer Expertise in der bildbasierten Diagnostik. Auch das Softwarehaus Atacama und die KI-Spezialisten von der Just Add AI GmbH zählen zu den Highlights.

Leicht übersehen wird oft das kleine Cluster im Bereich der Krankenkassen: AOK und HKK sind regional die größten Akteure, aber auch die BKK Firmus wächst zügig, und die Allianz unterhält einen großen Standort ihrer privaten Krankenversicherung am Bremer Flughafen. „Im Raum um Bremen und Bremerhaven werden mindestens dreimal so viele Versicherte von Bremer Krankenkassen betreut, wie Bremen Einwohner hat“, sagt HKK-Vorstand Michael Lempe. Sein Haus hat allein in diesem Jahr 25.000 neue Kundinnen und Kunden gewonnen und nähert sich damit der Millionenmarke – noch 2015 war es nur ein Drittel davon.

Bremen hätte laut Lempe das Potenzial zur deutschlandweiten Modellregion für innovative Gesundheitsprojekte, da es über eine übersichtliche Struktur mit zwei dominierenden Krankenkassen, einer kleinen kassenärztlichen Vereinigung und einem großen Krankenhausträger (Gesundheit Nord) verfügt. Allerdings müssten die Krankenhäuser erst einmal zur Ruhe kommen, ehe solche Projekte realistisch sind, sagt er. In der Zwischenzeit seien andere Regionen zum Zuge gekommen, beispielsweise als Pilotregionen der elektronischen Patientenakte.

Dennoch ist die Branche nicht untätig, wenn es um die Bewältigung der zahlreichen Herausforderungen geht. Fachkräftemangel, Finanzierungslücken und bürokratische Anforderungen benötigen langfristige Lösungen, alle Beteiligten beklagen die ständige Flickschusterei. Während auf bundespolitischer Ebene um Reformen gerungen wird, fokussieren sich die Akteure verstärkt auf das, was sie in Eigenregie bewegen können: Qualifizierung, Mitarbeiterbindung und Digitalisierung. Letzteres nimmt zurzeit an Fahrt auf, weil die sichere digitale Infrastruktur für das Gesundheitswesen jetzt Realität wird.

Angesichts der Vielzahl der Akteure, die um die Mittel im Gesundheitswesen konkurrieren, kommt es allerdings nicht allein auf neue Technologien und Gesetzesreformen an, sondern vor allem auch auf konstruktive Zusammenarbeit. „Oft entsteht ein Gefühl des Gegeneinanders, das wertvolle Zeit und Ressourcen verschwendet“, sagt Sven Mensen, Geschäftsführer des Pflegedienstes Lilienthal. „Statt Schuldige zu suchen, sollten wir offen über die Zwänge aller Beteiligten sprechen und gemeinsam Lösungen entwickeln. Zuhören, Verständnis zeigen und gemeinsam handeln – das wäre ein wichtiger Schritt zur Veränderung.“

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Kreative Lösungen sind gefragt, um die Bedingungen für Patienten und Beschäftigte gleichzeitig zu verbessern. Dem Diako-Krankenhaus in Gröpelingen ist dies mit der neuen Boardingstation gelungen. Dort werden Patientinnen und Patienten vor einem operativen Eingriff in Empfang genommen und auf ihre OP vorbereitet. „Die Vorteile dieser neuen Struktur sind deutlich zu spüren“, schildert Pflegedienstleitung Eric Potsch. „Die ruhige Atmosphäre sowie die umfangreiche präoperative Betreuung tut den Betroffenen gut und die Mitarbeitenden auf den Stationen werden wie geplant zunehmend entlastet.“
Foto: Karsten Klama/Diako