Fachkräfte-Juwelen aus dem Ausland

Die Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland ist oft ein holpriger Prozess. Viele Erfahrungsberichte aus Unternehmen zeigen jedoch, dass sich der Aufwand lohnt. So hat die A. Albert GmbH erstmals einen Auszubildenden aus dem Ausland rekrutiert und mit Alex Slahdji aus Algerien gleich ein „Juwel“ gefunden, wie Vera Klute-Neumann berichtet. Die HEC GmbH macht mit dem Softwareentwickler Luis Gamor aus Ghana ebenfalls beste Erfahrungen.

A. Albert GmbH: Algerischer Azubi machte sich schnell bezahlt

Das Team der A. Albert GmbH hatte bei der Einstellung ihres Auszubildenden Alex Slahdji mit Widerständen zu kämpfen, blieb aber hartnäckig. „Wir haben die Entscheidung absolut nicht bereut“, berichtet Vera Klute-Neumann, die eigentlich als Sales Managerin in dem 15-köpfigen Betrieb tätig ist, „nebenbei“ aber auch den jungen Kollegen betreut.

Das Unternehmen, das vor allem in der Schifffahrt als Lieferant von Bauteilen für Motoren und andere Komponenten tätig ist, hatte den Ausbildungsplatz zum Groß- und Außenhandelskaufmann bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet und sich dabei auch für Bewerbungen aus dem Ausland geöffnet. Diese kamen in großer Menge, meist aus Marokko und Tunesien. Auf der Basis von Referenzschreiben und mehreren Zoom-Gesprächen fiel die Wahl auf Alex Slahdji.

Die Abwicklung der Formalitäten lief weniger reibungslos. „Wir haben das beschleunigte Fachkräfteeinwanderungsverfahren genutzt und alle erforderlichen Dokumente zusammengestellt, sodass wirklich keine Fragen mehr offen blieben“, berichtet Vera Klute-Neumann. „Und dann haben wir vom Migrationsamt nichts mehr gehört und auch niemanden erreicht.“ Es sei wohl eine ungünstige Zeit gewesen, weil der zuständige Mitarbeiter längere Zeit krank war, aber diese Verzögerung im Amt habe dazu geführt, dass Alex Slahdji seine Ausbildung fast ein halbes Jahr später beginnen musste und nun entsprechend viel Material nachholen muss – und das in einer Fremdsprache. „Ich bin immer noch sauer“, sagt Klute-Neumann. Bewegung sei erst in die Sache gekommen, nachdem sie zunächst die Handelskammer Bremen und dann die Senatskanzlei eingeschaltet habe. „Dann ging es auch recht flott.“

Schon am Flughafen nahm sie den jungen Algerier in Empfang und half ihm bei der Wohnungssuche, der Eröffnung eines Bankkontos, der Ärztesuche und auch ganz alltäglichen Tätigkeiten wie dem Einkaufen. Gerade bei Azubis müsse man da „mit Herzblut rangehen“, sagt sie. „Das sind junge Leute, die ihr Zuhause verlassen. Man muss mehr tun als Fragen zu beantworten.“ Im Dezember 2023 konnte Slahdji seine Ausbildung schließlich beginnen – und er hat sofort alle ursprünglichen Bedenken vergessen lassen. „Es ist enorm, was wir in dieser kurzen Zeit schon an Profit hatten, an Energie und Input, den er uns bringt“, so Klute-Neumann.

Mit seinen IT-Kenntnissen habe er Prozesse in der Auftragsbearbeitung automatisiert, sodass sie teilweise nur noch Minuten brauchen statt Stunden. Er habe die Möglichkeit selbstständig erkannt und sich dann „über viele Abende Gedanken gemacht. Irgendwann hat er uns seine Lösung vorgestellt und wir waren alle baff.“ Im nächsten Schritt sollen seine Fähigkeiten in der Datenanalyse für den Einstieg in die künstliche Intelligenz und weitere Prozessoptimierungen genutzt werden.

Auch Alex Slahdji selbst ist sehr zufrieden mit seinem Arbeitsplatz. „Ich wollte ein neues Leben anfangen“, sagt er. „Zuhause konnte ich nicht meine Meinung äußern. Ich musste wie alle anderen sein.“ Deutsch habe er sich innerhalb eines halben Jahres in Algerien bis zum B2-Level selbst beigebracht. „Ich bin hier jetzt zuhause, habe die Freiheit und bin sehr zufrieden, in Deutschland zu sein.“

HEC: Softwareentwickler aus Ghana hat sofort überzeugt

Auch Heiko Müller, der bei der Bremer HEC GmbH für das Berliner Büro zuständig ist, nennt seinen im Ausland rekrutierten Mitarbeiter einen „Glücksgriff“. „Wir jammern nicht über den Fachkräftemangel, sondern wollten einen weiteren Weg zur Gewinnung neuer Kolleginnen und Kollegen gehen“, sagt er. Ein wichtiges Kriterium sei gewesen, dass der neue Mitarbeiter gut Deutsch spricht, da man bei HEC viel Kundenkontakt habe. Auch Erfahrungen in der Softwareentwicklung wurden vorausgesetzt, weil ein vollwertiger Mitarbeiter gesucht wurde, kein Azubi. Mit diesen Vorgaben beauftragte HEC eine Recruiting-Agentur – und sie wurde in Ghana fündig.

Luis Gamor hatte sich in Accra selbst Deutsch beigebracht und vor zehn Jahren von seinem Deutsch-Klub aufgrund seiner guten Leistungen eine Deutschlandreise finanziert bekommen. Während dieser Reise beschloss er, irgendwann hier arbeiten zu wollen.

Im Sommer 2022 nahm der Plan konkrete Formen an: Gamor bewarb sich bei HEC und die darauf folgenden Teams-Meetings, bei denen auch kulturelle Fragen besprochen wurden, haben dann „bewundernswert gut geklappt“, so Müller. „Ich war wirklich beeindruckt, wie gut der Kollege deutsch konnte.“ Auch mit seinen IT-Fähigkeiten als Java-Entwickler hat Gamor überzeugt. Er ist jetzt seit zwei Jahren bei HEC und gilt dort als „guter, anerkannter, geschätzter Kollege. Er bringt sich sehr gut ein.“

HEC beschäftigte sich vorab laut Müller auch mit einer anderen Fragestellung: „Der Mitarbeiter ist irgendwann hier und findet plötzlich andere Arbeitgeber attraktiv. Was passiert denn dann?“ In der Praxis sei diese Gefahr jedoch sehr überschaubar. Man müsse sich als Arbeitgeber selbstverständlich darum kümmern, dass der neue Kollege sich wohlfühlt, gut bezahlt wird und nette Kollegen hat, die ihn beim „Ankommen in Deutschland“ unterstützen. Allerdings sei die Arbeitsgenehmigung auch an einen bestimmten Arbeitsplatz geknüpft. „Es ist durchaus mit Aufwand für ihn verbunden, den Arbeitgeber zu wechseln.“

Wenn HEC wieder im Ausland nach einem Mitarbeiter sucht, will Müller es erneut mit einer Agentur machen. Der gesamte Prozess koste zwar rund ein Drittel eines Jahresgehalts des neuen Kollegen, aber der Aufwand sei zu groß für die Personalabteilung. Darüber hinaus bestehe das Risiko, Fehler zu machen.

Insgesamt sei der Vorgang relativ langwierig und teuer gewesen, „aber es war für uns auch eine Chance, neue Wege zu gehen. Es war eine valide Option, das mal auszuprobieren mit offenem Ende.“ Und für HEC habe es sich gelohnt. „Aus unserer Sicht können mehr Kollegen ruhig mal den Mut aufbringen, sowas zu machen, in den Prozess einzusteigen und sich das anzugucken. Ich bin jedenfalls sehr zufrieden.“