„Ein Segen, dass wir sowas machen können“

Oliver Schneider hat zwei international tätige Unternehmen mitgegründet und sieht die EU als unverzichtbaren Vorteil.

Kaum jemand verkörpert die Potenziale eines Auslandspraktikums so sehr wie Oliver Schneider und Tobias Kling: Ihr Argentinien-Aufenthalt während des Studiums führte zu zwei gemeinsam gegründeten Unternehmen – und zu zwei Ehen mit Argentinierinnen. Die Delicatino GmbH gründeten sie als Antwort auf ihre eigene Frage, wie sie in Deutschland an südamerikanischen Mate-Tee kommen sollten: Sie importieren und vertreiben ihn einfach selbst. Die PractiGo GmbH riefen sie ins Leben, um ihre positiven Erfahrungen mit dem Auslandsaufenthalt auch anderen Menschen zu ermöglichen.

Die EU erleichtert Sprach- und Bildungsreisen durch die Visa-Freiheit und die einheitliche Währung, aber auch durch das Erasmus-Programm zur Förderung des Lernens im europäischen Ausland. Die Bedeutung dieser Maßnahmen zeige sich am Beispiel Großbritannien, sagt Oliver Schneider: Seit dem Brexit würden englischsprachige Auslandspraktika hauptsächlich in Irland oder auf Malta durchgeführt. Junge Leute mit anderen Kulturen in Kontakt zu bringen sei jedoch wichtig, um Verständnis zu erzeugen und Konflikte zu vermeiden. „Es ist ein Segen, dass wir das machen können“, betont er.

Noch wichtiger sind die Vorzüge der EU in einem weiteren, zügig wachsenden Geschäftsfeld von PractiGo: der Anwerbung und Integration von ausländischen Fachkräften. „In Bremen hört man auf den Straßen immer öfter, dass jemand Spanisch spricht“, sagt Schneider. „Daran haben wir keinen unerheblichen Anteil.“ Im April traten beispielsweise 15 junge Erzieherinnen aus Spanien ihre neuen Arbeits- und Qualifizierungsplätze in Bremerhaven an. PractiGo unterstützt das Gemeinschaftsprojekt mit der Agentur für Arbeit und weiteren Partnern durch die Hilfe bei der Integration, beispielsweise bei der Wohnungssuche, der Eingewöhnung und der Vernetzung – sowohl vorab in Spanien als auch während der 15-monatigen Weiterbildung zu staatlich anerkannten Erzieherinnen. Spanien habe im Erziehungsbereich einen Überschuss an Personal ausgebildet, berichtet Schneider. Diese Menschen könnten jetzt relativ unkompliziert hergeholt werden. „Das ist ein ganz großes Plus, das die EU zu bieten hat“, sagt er.

Für die Europawahl wünscht Schneider sich vor allem eins: „Dass die EU handlungsfähig bleibt.“ Dabei gehe es zum einen darum, dass Europa seine Konkurrenzfähigkeit erhalte und sich nicht im Klein-Klein der Regulierungen verliere. Zum anderen sei aber auch eine weitere Polarisierung der Parteienlandschaft gefährlich: „Es muss alles demokratisch bleiben. Wichtig ist, dass die EU sich nicht spalten lässt, sondern einen gemeinsamen Weg geht.“

www.practigo.com
www.delicatino.com

Bild oben:
Jimena Caelles, die Ehefrau von Oliver Schneider, führt spanische Erzieherinnen durch das Auswandererhaus Bremerhaven.