Handelskammer Bremen, Handwerkskammer Bremen und die Unternehmensverbände im Land Bremen stellen gemeinsames Positionspapier zur Verbesserung der Ausbildungssituation vor
Der in Bremen diskutierte umlagefinanzierte Ausbildungsfonds habe bei Bremer Unternehmen zu einer „großen Verärgerung geführt, die ich so noch nie erlebt habe“. Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht fand gleich zu Beginn der Pressekonferenz deutliche Worte. Zusammen mit der Handwerkskammer Bremen und den Unternehmensverbänden im Lande Bremen e.V. präsentierte die Handelskammer Bremen am 19. September 2022 ein gemeinsames Positionspapier. In diesem Papier kritisieren sie den geplanten Ausbildungsfonds und weisen zugleich auf die zahlreichen bereits vorhandenen Instrumenten zur Förderung der dualen Ausbildung hin.
„Wir registrieren bei den Firmen in Bremen und Bremerhaven großen Unmut über die Pläne für den Ausbildungsfonds – besonders vor dem Hintergrund, dass es mehr offene Stellen als geeignete Bewerberinnen und Bewerber gibt“, sagt Dubbers-Albrecht. „Wir empfinden das fast wie eine Bestrafung oder zumindest als Vorwurf, dass wir nicht genug ausbilden würden und die Qualität der Ausbildung nicht mehr zeitgemäß sei.“
Die Bremer und Bremerhavener Unternehmen bilden bereits überdurchschnittlich aus. Die Ausbildungsquote – definiert als Anteil der Auszubildenden an allen Beschäftigten – ist im Land Bremen seit Jahren höher als im Bundesdurchschnitt und mit 4,9 Prozent auch deutlich höher als in den anderen Stadtstaaten Berlin (3,2 Prozent) und Hamburg (4 Prozent). Gleiches gilt für die Ausbildungsbetriebsquote, also den Anteil der ausbildenden Betriebe an allen Betrieben: Auch diese liegt im Land Bremen mit 21,9 Prozent über dem Bundesschnitt.
„Nicht den Schwarzen Peter hin und her schieben“
Darüber hinaus käme die Ausbildungsumlage zur Unzeit. „Deutschland und Bremen stehen angesichts multipler Krisen vor einer Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft, wie es sie seit Jahrzehnten nicht gegeben hat“, sagt Lutz Oelsner, Präsident der Unternehmensverbände im Land Bremen. „In dieser aktuellen Situation sollten alle Akteure in unserer Stadt zusammenstehen und gemeinsam handeln.“ Zudem werde in Berlin zurzeit ein Konzeptpapier zur Ausbildungsgarantie diskutiert. Es sei ratsam, eine mögliche bundesweite Lösung abzuwarten bevor Bremen den Alleingang mache.
Weitere Kritik übten Kammern und Unternehmensverbände an den Doppelstrukturen im Bereich von Fördermaßnahmen für unversorgte Jugendliche, die durch den Ausbildungsfonds geschaffen würden. „Bereits heute gibt es im Land Bremen eine große, selbst von Fachleuten kaum überschaubare Anzahl von Maßnahmen zur Förderung der dualen Ausbildung“, sagt Thomas Kurzke, Präses der Handwerkskammer Bremen. „Wir sollten nicht den Schwarzen Peter hin und her schieben, sondern alles dafür tun, damit wir auch leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler in die Ausbildung bekommen.“
Positionspapier mit vier Handlungsfeldern
Was ihrer Meinung nach getan werden muss, zeigen die Kammern und Unternehmensverbände in ihrem gemeinsamen Positionspapier mit dem Titel „Duale Ausbildung im Land Bremen stärken – mit sinnvollen Maßnahmen, statt eines umlagefinanzierten Ausbildungsfonds“. In dem Papier empfehlen sie dem Land Bremen, sich an vier Handlungsfeldern zu orientieren, und machen deutlich, inwiefern sie jeweils unterstützend tätig werden können.
1. Verbesserung der Schulbildung und des Spracherwerbs
Unter anderem durch zeitgemäße bildungs- und sozialpolitische Maßnahmen in einzelnen Stadtteilen solle die Grundbildung gestärkt werden. Eine frühzeitige und systematische Sprachförderung sei notwendig, damit Schülerinnen und Schüler besser in Ausbildung übergehen und diese auch verstehen können.
2. Ausbau von Maßnahmen zur Berufsorientierung
Es sollten beispielsweise schulische Konzepte zur beruflichen Orientierung ausgebaut und an allen Schulen fest verankert werden. Die Jugendberufsagentur solle noch stärker in den Schulen präsent sein, außerdem sollten Einblicke in die Praxis wie Praktika sowie die Unterstützung durch die Eltern ausgebaut werden.
3. Matching vor allem für „besondere Jugendliche“ verbessern
Der Ansatz, dass die „Aufsuchende Beratung“ der Jugendberufsagentur zu den Jugendlichen kommt, solle weiter ausgebaut werden. Auch die U25-Teams sowie das Team AusbildungPlus der Jugendberufsagentur seien richtige Ansätze und sollten noch bekannter gemacht werden.
4. Unterstützung während der Ausbildung
Bereits etablierte Systeme wie die ausbildungsbegleitenden Hilfen bzw. assistierte Ausbildung sollten ausgeweitet werden. Die Kammern sichern über die Abnahme der Ausbilder-Eignungsprüfungen sowie durch Ausbildungsberatung und-begleitung die Qualität in der Ausbildung.
Die Kammern und die Unternehmerverbände haben ihre Stellungnahme zum geplanten Ausbildungsfonds in einem Positionspapier veröffentlich, das hier als PDF heruntergeladen werden kann: