Boris Felgendreher, Moderator des Business-Podcasts „Go Global! Bremen Business Talks“, erläutert im Interview die Chancen und Erfolgsfaktoren von Podcasts für Unternehmen.
Aktuellen Umfragen zufolge hören rund 40 Prozent aller Deutschen regelmäßig Podcasts – eine Zahl, die seit Corona stetig anwächst, aber weiter steigerungsfähig ist. Dabei geht es häufig um Comedy oder Fußball, aber eben auch – und verstärkt – um Wirtschaftsthemen.
Boris Felgendreher ist in diesem Bereich beruflich zuhause: als erfolgreicher Podcaster betreibt er in ganz Deutschland verschiedene Formate. Der gebürtige Bremerhavener, der sieben Jahre in den USA lebte, ist unter anderem seit März 2021 für den Business Podcast „Go Global“ zuständig. Dieses Informationsangebot entstand auf gemeinsame Initiative der Senatorin für Wirtschaft, der Wirtschaftsförderung Bremen und der Handelskammer Bremen.
Der international ausgerichtete Podcast behandelt Themen wie „Außenhandelsprozesse im digitalen Zeitalter“ oder „Die Supply Chain des Kaffees“, nimmt aber auch spezielle Märkte wie Japan oder China unter die Lupe. Dabei begrüßt Felgendreher regelmäßig hochrangige Wirtschaftsvertreter. Meistens wird deutsch gesprochen, bisweilen aber auch englisch – wie etwa in der 31. Folge mit dem Titel „The Future of sustainable Aviation and Aerospace“.
Wir sprachen mit Boris Felgendreher über die Einsatzmöglichkeiten von „Business Podcasts“ in der Unternehmenskommunikation.
Herr Felgendreher, wie wichtig sind heutzutage Business-Podcasts? Was für einen Stellenwert haben sie für Unternehmen?
Ich würde so weit gehen, dass es heutzutage zur modernen Unternehmenskommunikation dazugehört, sich mit dem Thema Podcast zu beschäftigen – was nicht heißt, dass jede Firma ihren eigenen Podcast haben muss, man kann ja auch als Gast dabei sein oder einen Podcast sponsern. Aber man sollte sich zu dem Thema Gedanken machen, weil es ein Kommunikationsweg ist, der sehr viele Möglichkeiten eröffnet, die andere Kommunikationswege nicht haben.
Was für Vorteile sind das?
Man kann mit verhältnismäßig wenig Aufwand sehr komplexe Inhalte kommunizieren – und man kann sich dafür auch Zeit nehmen, in die Tiefe gehen. Verglichen mit einem Video, wo ich die Aufmerksamkeit der Zuschauenden über eine Stunde lang an einem PC oder an einen Bildschirm fesseln muss, erlaubt es mir mein Podcast, Informationen auf leichtere Art zu vermitteln, während der Zuhörer dabei auch etwas anderes machen kann. Zudem kann man Remote-Podcast-Aufnahmen machen, ist also nicht gezwungen, immer face-to-face zu agieren. Ich habe gerade Aufnahmen mit jemandem aus der Handelskammer in Japan gehabt und mit jemandem aus den USA. Man öffnet die Bühne für die ganze Welt – das ist ein riesengroßer Vorteil.
Wann genau lohnt sich für ein Unternehmen ein eigener Podcast?
Das hängt davon, was für Ziele es gibt. Man kann ihn für die interne Kommunikation nutzen, wenn man zum Beispiel Infos vom CEO weitergeben will. Hinsichtlich der externen Kommunikation sollte man sich die Frage stellen, was man konkret will. Man sollte sich darüber Gedanken machen, inwiefern sich das, was man sagen möchte und sagen kann, mit dem deckt, was Leute auch gerne hören wollen. Wenn es nur darum geht, den Vertrieb anzukurbeln, würde ich abraten. Ein eigener Podcast macht aber dann Sinn, wenn ich über ein bestimmtes Thema sprechen will, in dem ich kompetent bin.
Was für einen Aufwand bedeutet es, professionelle Podcasts zu erstellen?
Der Aufwand ist immer relativ – im Vergleich dazu, etwa einen langen Text zum gleichen Thema schreiben zu müssen, finde ich ihn ungleich geringer. Aber man benötigt schon einiges – ein Aufnahmegerät, ein Mikrofon, gute Software, einen Hoster und nach Möglichkeit einen professionellen Sprecher oder Moderator. Nicht zu vergessen natürlich die Gäste – und spannende Inhalte.
Gibt es noch Berührungsängste dem Podcast gegenüber – wird noch viel gefremdelt?
Naja, das ist sicher noch so – das zeigt sich auch an der Tatsache, dass momentan nur knapp die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland Podcasts hört. Da ist sicher noch Nachholbedarf. Anderseits könnt man argumentieren, nur die Hälfte der Bevölkerung liest regelmäßig Fachbücher oder abonniert eine Zeitung.
Wie hoch sind die Abrufzahlen von „Go Global“?
Der Podcast wurde bisher über 10.000 Mal gehört, wir erleben ein sehr gesundes Wachstum und hohe Durchhörquoten. Es gibt zwar noch Luft nach oben, aber am Ende geht es uns nicht nur um die Quantität, sondern vor allem auch um die Qualität der Zuhörer. Wir besetzen zum Teil auch mal bewusst ein Nischenthema, das vielleicht eine spitzere Zielgruppe hat, dafür dieser Gruppe aber sehr viel Mehrwert bietet.
Welche Themen brennen Ihnen gegenwärtig noch unter den Nägeln?
Wir sollten noch viel tiefer in das Thema Rohstoffe gehen, auch zu den Themen erneuerbare Energien und grüner Wasserstoff ist bei weitem noch nicht alles gesagt. Auch das Thema Häfen werden wir noch einmal vertiefen – mir liegt es sehr am Herzen, was mit dem Autoumschlag in Bremerhaven passiert.
Gibt es aktuelle Trends im Bereich Podcasts?
Insgesamt kann man sagen, dass sich das gesamte Feld professionalisiert – das ist deutlich zu bemerken. Die Themen, die Formate, die Moderation, alles wird professioneller. Inhaltlich ist es schwieriger zu benennen, die Vielfalt ist enorm, auch in Bezug auf die Formate. Diesbezüglich kommt zum Beispiel das Storytelling immer stärker auf.
Business-Podcasts aus Bremen
Go global! Bremen Business Talks
Von Go global, dem gemeinsamen Podcast der Handelskammer Bremen, der Wirtschaftsförderung Bremen und der Senatorin für Wirtschaft, wurden seit März 2021 bislang 32 Folgen produziert, zuletzt beispielsweise „Wie arbeiten Unternehmen am besten mit den deutschen Auslandshandelskammern zusammen?“
BVL Podcast
Der Podcast der Bundesvereinigung für Logistik (BVL), die ihren Sitz in Bremen hat, setzt sich mit Themen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit und neue Technologien auseinander. Er lässt führende Köpfe aus der Wirtschaft ebenso wie junge Start-ups zu Wort kommen. Moderation auch hier: Boris Felgendreher.
Think Reactor
Fast 30 Folgen gibt es mittlerweile vom „Think Reactor – Der Künstliche-Intelligenz-Podcast“. Dort geht es beispielsweise um Themen wie „Open-source AI“ und „ChatGPT vs. Gutefrage.net“, aber auch verwandte Bereiche wie „Raumfahrt und Quantentechnologien“ oder gar den Sinn des Lebens.
Kurswechsel
Im Kurswechsel-Podcast der Unternehmensberatung Kurswechsel GmbH – einer Tochter des Bremer IT-Dienstleisters HEC – geht es um Themen wie agiles Arbeiten, Scrum oder Design Thinking, ganz im Sinne einer modernen Unternehmensführung.
UniBits
Auch die Universität Bremen bietet Podcasts an – unter anderem den Podcast UniBits von Studierenden. Vom KI-Roboter bis zur Prüfung online – spannende digitale Geschichten aus der Uni gibt es viele, man müsse sie nur erzählen, so das Credo. Deshalb sollen in diesem Podcast die Möglichkeiten der Digitalisierung im Uni-Alltag aufgezeigt werden.
Menschen, Arbeit, Zukunft
Menschen, Arbeit, Zukunft heißt ein weiterer Podcast der Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Transformation. In mehr als 20 Folgen wurden unter anderem Ausbildungsberufe vorgestellt, aber auch Trend-Themen wie die Transformation im Hafen werden behandelt. Zu sehen via Youtube.