3D-Druck in Bremen: „Wichtiger Schlüssel zur Innovation“

Zu den Bereichen, in denen Bremen als Vorreiter zu bezeichnen ist, zählt seit einiger Zeit der 3D-Druck, auch bekannt als Additive Fertigung oder Additive Manufacturing. Viel hat sich hier gerade in der jüngeren Vergangenheit getan, die Entwicklung ist nach Einschätzung vieler Beteiligter aber noch lange nicht am Ende.

Im Herbst eröffnete die Firma Materialise im Technologiepark einen Neubau, der bis zu 30 Metall-3D-Druckern Platz bietet. Das Unternehmen erfüllt dort hochwertige Aufträge aus der ganzen Welt. Der Standort Bremen hat seinen Status als Hochburg des 3D-Drucks damit weiter zementiert – auch weitere Akteure wie das Forschungs- und Entwicklungszentrum Ecomat, das Fraunhofer IFAM oder das 3D-Druck-Netzwerk Additive Manufacturing Nordwest e. V. tragen maßgeblich dazu bei. Wirtschaft meets Wissenschaft – das funktioniert in diesem Bereich geradezu vorbildlich.

„Meilenstein für den Wirtschaftsstandort“

Der Neubau von Materialise bietet auf rund 3500 Quadratmetern nicht nur den zunächst sieben Druckern, sondern auch über 120 Mitarbeitern Platz. Kostenpunkt: rund 7,5 Millionen Euro. Das Besondere: Im neuen Gebäude werden sowohl Forschung und Software-Entwicklung als auch Fertigung und Beratung unter einem Dach kombiniert, alle Bereiche können also auf kürzestem Wege direkt voneinander profitieren.

Materialise war schon vorher ein weltweit führender Anbieter von 3D-Druck-Software und Druck-Services – jetzt hat Bremen sein einziges metallspezifisches Kompetenzzentrum. „Der Neubau ist ein Meilenstein für den Wirtschaftsstandort Bremen“, lobte auch Bremens Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte, der das Metall-Kompetenzzentrum eröffnete: „Der 3D-Druck ist eine der Zukunftstechnologien, und Materialise in dieser Sparte ein Leuchtturmunternehmen. Beides passt deshalb perfekt in den Technologiepark.“

Wie wichtig dieser Neubau für Bremen ist, zeigt auch die Gästeliste zur Eröffnung, die einem Who‘s who der bremischen Wirtschaft gleichkommt: Anwesend waren Vertreter von Airbus, OHB, BEGO, der Universität Bremen und ihrer Forschungsinstitute sowie von zwei Fraunhofer-Einrichtungen, die sich mit additiver Fertigung und Materialforschung befassen. Das fruchtbare Umfeld lobte auch Marcus Joppe, Geschäftsführer der Materialise GmbH: „Heute bietet uns der Standort mit seiner großartigen 3D-Druck-Szene alle nötigen Voraussetzungen für nachhaltigen Erfolg – gut ausgebildete Fachkräfte, versierte Partner in der akademischen Forschung und starke Partner in der Wirtschaft und Politik, auf die wir uns jederzeit verlassen können.“

Belgischer Gründer wurde in Bremen inspiriert

Die Geschichte von Materialise in Bremen begann vor drei Jahrzehnten, als der Gründer und CEO Fried Vancraen in der Hansestadt erstmals einen 3D-Drucker sah. „Davon beeindruckt, gründete er kurz darauf Materialise in Belgien“, erzählt Frank Küchelmann, im Unternehmen verantwortlich fürs Marketing: „Dies zeigt, dass Bremen schon sehr früh ein inspirierendes Zentrum für 3D-Druck war.“

Bremens Rolle wurde für die Firmengeschichte im Laufe der Jahre immer wichtiger. Heute ist die Hansestadt neben München einer von zwei deutschen Standorten des Unternehmens, das seinen Hauptsitz im belgischen Leuwen hat. Der Standort Bremen legt seinen Fokus – neben dem Metallkompetenzzentrum – auf die Entwicklung von kundenspezifischen Softwarelösungen.

Warum ist Bremen so wichtig für Materialise – und andersherum? „Am Anfang war manches dem Zufall geschuldet“, sagt Küchelmann. „Später hat sich die Stadt Bremen des Themas angenommen und die Entwicklung maßgeblich beeinflusst.“ Alles, was Materialise in Metall druckt, läuft über Bremen – außer im medizinischen Bereich, das passiert in Belgien.

Der Geschäftsführer der Bremer Niederlassung, Marcus Joppe, sei wie ein Steve Jobs der 3D-Branche, sagt Küchelmann – „jeder, der damit zu tun hat, kennt ihn.“ Aber: „Es gibt durchaus Bereiche und Firmen, die noch nicht wissen, was man mit 3D-Druck machen kann“, betont er. So passiere diesbezüglich zum Beispiel in der Automobilbranche noch recht wenig. Auch in den Bereichen Nachhaltigkeit und Automatisierung sei noch einiges zu tun – das seien die Top-Themen und Herausforderungen der Zukunft.

Innovationsstandort zeigt Flagge

Die Stadt zeigt auch andernorts, was sie in diesem Technologiebereich kann. So hat sich Bremen als Innovationsstandort im November auch auf der Formnext in Frankfurt vorgestellt, die unter 2G-Bedingungen stattfand. Auf der internationalen Leitmesse für Additive Manufacturing ermöglichten mehr als 600 Ausstellende einen Blick in die Zukunft der intelligenten industriellen Produktion.

„Die Additive Fertigung ist für das Land Bremen ein wichtiger Schlüssel zur Innovation“, sagte Andreas Heyer, Vorsitzender der Geschäftsführung der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH, die den Auftritt Bremens im Auftrag der Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa organisierte: „Innerhalb der Branche gilt der Standort als führend, wenn es um Weiterentwicklung und Produktion geht. Forschung und Industrieanwendung gehen hier Hand in Hand.“

„Nicht der Replikator aus dem Star Trek-Imperium“

Kann heute schon jeder etwas mit dem Begriff 3D-Druck anfangen? „Vor einigen Jahren war das noch schwierig, aber mittlerweile hat sich das geändert“, sagt Bastian Müller, Referent für Innovation, Digitalisierung und neue Themen bei der Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa. „Die meisten haben heute eine Idee dahinter.“ Was man aber immer bedenken sollte: „Der 3D-Drucker ist halt nicht der Replikator aus dem Star Trek-Imperium, der auf Knopfdruck alles reproduziert, sondern schlicht ein neues Fertigungsmittel, das allerdings viele Möglichkeiten bietet.“ Bei der additiven Fertigung handele es sich um eine klare Wachstumsbranche, auch in Kombination mit anderen Technologien.

Und was zeichnet Bremen als Standort für 3D-Druck aus? Bastian Müller führt als erstes die kurzen Wege in der Stadt an: „Das ist sicher ein großer Vorteil – und dazu kommt, dass wir hier viele Betriebe haben, in denen ein solches Verfahren zur Anwendung kommt, wie in der Medizintechnik und der Luft- und Raumfahrt.“

Dies sei vor allem dann relevant, wenn es um leichte Konstruktionen gehe. In der Luft- und Raumfahrt sei jedes Kilo viele 1000 Euro Wert, so Müller. Es gehe auch um die Frage: Wo ergibt sich der Geschäftsvorteil? Wo ist es realistisch? „Und da hat Bremen eben viele Anwender.“

Außerdem habe Bremen fokussierte Dienstleister zu bieten, so Müller. Die Universität in unmittelbarer Nähe sei ein wichtiger Faktor, insgesamt der wissenschaftliche Aspekt. Und damit seien die Grundzutaten schon gegeben – „und wir als Stadt fördern insbesondere den Austausch weiter.“ So wurde das Ecomat als Technologiezentrum etabliert, um das Forschungsprogramm zu flankieren und Neugründungen durch Kooperationen zu initiieren.

Um die Bedeutung zu unterstreichen und noch mehr Aufmerksamkeit auf diese Technologie zu lenken, den Austausch zu befördern, wurde jetzt auch der Bre3D-Award 2022 ausgelobt (Anmeldeschluss: 28. Februar). Ziel ist es, neue Ideen zu enzwickeln, die gerne auch von den Studierenden kommen dürfen.

Die Rolle des Ecomat

Eine besondere Rolle im Themenkomplex „3D in Bremen“ fällt dem Forschungs- und Technologiezentrum Ecomat zu, das die in Bremen vorhandenen Kompetenzen von Wirtschaft und Wissenschaft bündelt. Räumlich ist das Ecomat (der Name steht für Center for Eco-efficient Materials & Technologies) in der Bremer Airport-Stadt angesiedelt, also in unmittelbarer Nähe zum Flughafen und in direkter Nachbarschaft zu wichtigen Playern wie Airbus und ArianeSpace. Rund 500 Fachleute aus Wissenschaft und Wirtschaft forschen hier gemeinsam an neuen Technologien und nutzen dabei modernste Laboreinrichtungen.