Der Kunstverein – und mit ihm die Kunsthalle – sind bereits seit der Gründung sehr eng mit der Bremer Kaufmannschaft verbunden.
Die Kunsthalle Bremen steht in diesem Jahr ganz im Zeichen eines besonderen Jubiläums: Gefeiert wird der 200. Geburtstag des Kunstvereins in Bremen, der bis heute der private Träger der Kunsthalle ist – und mit über 10.000 Mitgliedern auch einer der größten Kunstvereine in ganz Deutschland. Da ist es selbstverständlich, dass ein solcher Anlass würdig gefeiert wird: Unter anderem sind große eigene Schauen geplant (siehe unten), darunter die Ausstellung „Geburtstagsgäste. Monet bis Van Gogh“, die ab dem 7. Oktober zu sehen sein wird. Der eigentliche Geburtstag wird am 14. November begangen.
Doch so lange wollte man mit den Feierlichkeiten nicht warten, sodass schon im April eine Vernissage zum Thema ausgerichtet wird: Gezeigt wird vom 22. April bis zum 20. August die Ausstellung mit dem Namen „Kunst Vereint!“, die sich mit den ersten Jahren des Kunstvereins beschäftigt. Die Kuratorin Mara-Lisa Kinne sagt dazu: „Die Ausstellung zeigt, wie Bremer Bürger mit beherzter Initiative und cleveren Ideen dafür gesorgt haben, dass aus ihrem gemeinsamen Interesse an Kunst eine fest in Bremen verankerte Institution wurde.“
„Heute würde man Crowdfunding dazu sagen“
Im Jahre 1823 taten sich 34 kunstliebende Personen zusammen, darunter viele Kaufleute aus Bremen, um mit ihren gemeinsamen Mitteln ein Kulturprojekt für die Stadtgemeinschaft umzusetzen – „heute würde man Crowdfunding dazu sagen“, so Kinne. Angeführt wurde die Gruppe vom Senator Hieronymus Klugkist. Erstes Ziel dieser Gemeinschaft war es, die umfangreiche Grafiksammlung des Senators Johann I. Duntze für Bremen zu erhalten.
Die Mitglieder des neuen Kunstvereins arbeiteten zunächst ohne eigenes Gebäude, stattdessen trafen sie sich in der alten Börse. Sehr aktiv waren sie in dieser Anfangszeit dennoch: Sie organisierten an verschiedenen Orten der Stadt Verkaufsausstellungen und förderten damit die zeitgenössischen Künstler. Bis die Kunsthalle eröffnet werden konnte, dauerte es ebenfalls noch ein bisschen – erst im Jahre 1849 war es soweit. Damit war der Kunstverein in Bremen in ganz Deutschland der Erste, der ein eigenes, noch dazu selbst finanziertes Gebäude aufweisen konnte.
Bürgerliches Engagement über viele Generationen hinweg
Zweihundert Jahre Kunstverein in Bremen – das heißt 200 Jahre Begeisterung für die Kunst, ästhetische Erziehung, bürgerliches Engagement und tiefe Verankerung in der Stadtgesellschaft. Kunstvereins-Vorsitzerin Nicole Lamotte (Bild oben) sagt: „Die Geschichte des Kunstvereins ist im Grunde die Geschichte des bürgerlichen Engagements, die sich bis heute fortsetzt.“ Den Schenkungen von Klugkist, die seinerzeit am Anfang standen, seien beispielsweise die Sammlungen Schünemann und Osmers gefolgt. All diese Sammlungen hätten ihre Wurzeln in der Bremer Kaufmannschaft, so Lamotte.
Allerdings ist das Thema Kunst auch nach 200 Jahren kein wirtschaftlicher Selbstläufer. Mit dem „Unternehmenssalon“ werden seit 2016 Kaufleute angesprochen, um die Geschichte des Bremer Kunstvereins fortzuschreiben – „die Geschichte von selbstbewussten Bürgern und Kaufleuten, die sich für ihre Stadt und ihre Mitbürger stark gemacht haben“, wie es in der Broschüre des Vereins heißt. Dort wird auch Uwe Hollweg zitiert: „Kunst und Kultur zu fördern lohnt sich – für Unternehmen, für die Bürgerinnen und Bürger Bremens und für das Zusammenleben im Allgemeinen. Das wussten schon die Kaufleute, die vor 200 Jahren den Kunstverein in Bremen gegründet haben. Die waren eben schlau.“
Nicole Lamotte ergänzt: „Die Herausforderung heute ist, die junge Generation der Unternehmerinnen und Unternehmer zu interessieren und zu integrieren.“ So setzt die für den Zeitraum Mai bis September geplante Ausstellung „Generation*. Jugend trotz(t) Krise“ ein bewusstes Ausrufezeichen. Sie richtet sich gezielt an jüngere Besucherinnen und Besucher.
Frauen jetzt in der Überzahl
Vieles hat sich bereits geändert im Laufe der Jahrzehnte. Waren unter den Gründungsmitgliedern des Kunstvereins wohl ausschließlich Männer, so sind die Frauen bei den über 10.000 Mitgliedern heute längst in der Überzahl – mit Nicole Lamotte ist seit zwei Jahren erstmals eine Frau die Vorsitzerin. „Laut Satzung gibt es einen Vorsitzer des Kunstvereins, daher mussten wir die weibliche Form neu einführen“, schmunzelt sie.
Mit dem Programm für das Jubiläumsjahr zeigt sich Lamotte, die seit 1993 Mitglied des Kunstvereins ist, ausgesprochen zufrieden: „Ich glaube, dass wir ein sehr ausgewogenes, gutes Programm haben, in dem für jeden etwas dabei ist. Wir zeigen, wie es angefangen hat, bleiben aber nicht in der Vergangenheit stehen – das ist ganz wichtig, dass wir auch in die Zukunft schauen.“
Die Termine im Jubiläumsjahr auf einen Blick
- 22. April bis 20. August 2023: Ausstellung „Kunst Vereint! Die frühen Jahre der Sammlung“
- 29. April 2023: Kampagnen-Start „Countdown: 200 Tage bis zum 200. Geburtstag“
- 13. Mai bis 10. September 2023: Ausstellung „Generation*. Jugend trotz(t) Krise“
Die Ausstellung fragt nach dem Weltbild junger Menschen, das maßgeblich durch die globalen Krisen unserer Zeit geprägt ist. - 23./24. Juni 2023: Exklusives Mitgliederfest
- 15. Juli bis 15. Oktober 2023: Jahresausstellung des BBK Bremen (Berufsverband Bildender Künstler*innen) „Resonanz. Interventionen in die Sammlung“
- 9./10. September 2023: Bürgerfest „Kunst Unlimited!“
Ab September 2023: Ausstellung einer neuen Arbeit der polnischen Bildhauerin Monika Sosnowska - 7. Oktober 2023 bis 4. Februar 2024: Ausstellung „Geburtstagsgäste. Monet bis Van Gogh“
- 14. November 2023: 200. Geburtstag des Kunstvereins in Bremen
Weitere Informationen zum Kunstverein in Bremen
Bild oben:
Die Vorsitzerin des Kunstvereins, Nicole Lamotte