Neues zuzulassen und stetig Veränderungsfähigkeit zu üben und sicherzustellen, das sollte in Unternehmen viel mehr zur Selbstverständlichkeit und Teil der täglichen Praxis werden. Denn das Bewährte, das in der Vergangenheit auf relativ stabilen und eher vorhersehbaren Ereignissen beruhte, wird immer weniger verlässlich. Stattdessen erleben Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer in allen Bereichen eine nie dagewesene Geschwindigkeit, Dynamik und Komplexität.
Aktuell erfordert der Klimawandel höchste Anstrengungen für nachhaltige Lösungen. Geopolitische Risiken bergen Unsicherheiten für funktionierende Wertschöpfungsketten, Immer mehr staatliche Eingriffe und Regulierungen binden Kräfte. Neue Technologien sorgen nicht nur in meiner Branche, der IT, laufend für Bewegung: Dieses Jahr hat ChatGPT nahezu spielerisch veranschaulicht, wie KI unsere Arbeit unterstützen, aber auch ganze Geschäfts- und Berufsfelder verändern wird.
Sichtbar wird aber auch eine andere Haltung gegenüber der Arbeit. Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, mobiles Arbeiten, Vier-Tage-Woche, die Sensibilität für Diversität sowie der Sinngehalt der eigenen Arbeit und des Unternehmens: All das sind Aspekte, die an Geschäftsführungen herangetragen werden.
Was machen wir mit diesen Herausforderungen, die sich gegenseitig verstärken, wenig planbar sind und sich nicht beherrschen lassen? Unternehmen müssen aus meiner Sicht die Fähigkeit besitzen und trainieren, sich jederzeit anzupassen. Einen Weg dahin bieten untereinander vernetzte Teams, die gelernt haben, sich operativ weitmöglich selbst zu organisieren und eigenverantwortlich schnell zu handeln.
Wenn das Geschäft von heute vielleicht morgen schon überholt ist, dann brauchen wir noch mehr: Gestaltungsräume, in denen wir Ideen schneller entwickeln und zu Innovationen reifen lassen können. Das heißt nicht, einen etablierten, gut laufenden Betrieb von jetzt auf gleich umzukrempeln. Wir können außerhalb der Regelorganisation einen unternehmerischen Bypass schaffen, in dem kreativ frei und risikoarm gedacht werden kann. Wenn erarbeitete Lösungen dort getestet und am Markt erprobt wurden, dann können wir sie in das aktuelle Geschäftsmodell integrieren.
Solche Arbeit kann intern in einer Art Labor passieren. Auch ein Investment in ein Start-up bietet solche Möglichkeiten. Mittelständler könnten Ressourcen mit anderen bündeln: Kooperation, Co-Kreation und branchenübergreifendem Lernen gehört die Zukunft.
Diese Denkräume brauchen Mitarbeitende, die Veränderung als selbstverständlich ansehen und technologieoffen sind, die vernetzt denken und dabei kooperativ sind. Doch wir bekommen genau diese, für die Unternehmenszukunft so wichtigen Menschen, weder mit dem ausschließlichen Fokus auf Geld, Karriereleiter noch Bällebad. Trauen wir uns, Freiräume zu öffnen!
Dr. Thorsten Haase ist Geschäftsführer der HEC GmbH, einem Unternehmen der team neusta digital family. Er ist seit Mitglied des Plenums der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven und Vorsitzender des Ausschusses für IT, Design und Medien.