Chancen und Risiken des digitalen Euro

In rund drei Jahren könnte die Europäische Zentralbank erstmals den digitalen Euro in Verkehr bringen. Die Bundesbank und der Bremer Finanzsenator richteten in Kooperation mit der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven am 20. Februar eine Diskussionsveranstaltung aus, um die Unternehmen auf das Thema einzustimmen.

Wir alle bezahlen bereits digital mit Euros, aber noch nicht mit digitalen Euros. Der Unterschied: Bei Letzteren wird es sich um sogenanntes Zentralbankgeld handeln, während die Bits und Bytes, die wir schon jetzt für Online-Zahlungen nutzen können, Geschäftsbankengeld darstellen. Welche Konsequenzen die Einführung des digitalen Euro für die Wirtschaft und Privatpersonen haben könnte, diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung „Digitaler €uro für eine digitale Wirtschaft?“ am 20. Februar im Schütting mit Moderatorin Corina Paetsch, Präsidentin der Bundesbank-Hauptverwaltung in Bremen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt.

Kreditvergabe darf nicht gefährdet werden

Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht nannte in seiner Begrüßung die Hoffnungen, die seitens der Wirtschaft mit dem digitalen Euro verbunden sind: eine Weiterentwicklung und Vereinfachung des Geldverkehrs, verknüpft mit einer Reduzierung der Kosten, vielleicht auch mit Chancen für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Er warnte jedoch auch vor den Risiken: Beispielsweise könne die Rolle der Geschäftsbanken geschwächt werden, wenn das Geld an ihnen vorbei fließt, worunter auch ihre wichtige Rolle als Kreditgeber für die Wirtschaft leiden würde.

Diese Gefahr sieht auch Finanzsenator Dietmar Strehl. Dennoch erwartet er mehr Chancen als Risiken – nicht zuletzt aus geopolitischen Überlegungen heraus. Aktuell dominieren amerikanische Konzerne den digitalen Zahlungsverkehr, aber auch China ist ganz vorne dabei. Die chinesische Regierung soll ihren digitalen Yuan bereits fertig „in der Schublade“ haben, um ihn zum passenden Zeitpunkt einführen zu können. Auch der Rest der Welt, inklusive USA und Russland, arbeitet an eigenen digitalen Währungen. „Wir Europäer müssen hinterher kommen“, so Strehl, denn die aktuelle weltpolitische Lage habe gezeigt, dass man sich nicht zu abhängig von anderen Systemen machen dürfe.

Einheitliches europäisches Zahlungsmittel

Was man sich konkret unter dem digitalen Euro vorstellen kann, erläuterte Burkhard Balz, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank. Grundsätzlich soll es sich um eine Art digitales Bargeld handeln – ähnlich anonym, ebenfalls offline benutzbar, aber eben digital. Ein grundsätzlicher Vorteil für Privatpersonen wäre, dass sich diese Währung überall in Europa einsetzen ließe, für jede Transaktion, online oder offline. Allerdings nur bis zu einem bestimmten Betrag, beispielsweise 3.000 Euro, denn die EZB will verhindern, dass im Falle einer Panik alle Menschen gleichzeitig ihre gesamten Ersparnisse auf ihr Smartphone herunterladen. Dies würde das gesamte Finanzsystem zum Einsturz bringen.

Grundsätzlich gebe es drei Gründe, warum die europäischen Zentralbanken die Einführung des digitalen Euro vorantreiben, sagte Balz: erstens sinke die Bargeldnutzung in Europa kontinuierlich, zweitens könne der digitale Euro eine zukunftsfähige technologische Basis für die digitale Wirtschaft bilden und drittens sei es in Europa bisher nicht gelungen, eine einheitliche Lösung für den Online-Handel und die Ladengeschäfte zu etablieren, sodass man von den großen Technologiekonzernen abhängig sei. Das Bargeld solle nicht ersetzt, sondern nur ergänzt werden.

Wie genau der digitale Euro technisch und konzeptionell aussehen soll, untersuchen die EZB und die nationalen Zentralbanken zurzeit. Ob er tatsächlich eingeführt wird, ist noch nicht beschlossen, aber wenn er kommt, dann soll es laut Balz möglicherweise in der zweiten Hälfte des Jahres 2026 passieren. Die Entscheidung werde voraussichtlich im Herbst dieses Jahres fallen.

Verhaltener Optimismus bei der Sparkasse Bremen

Die Sparkasse Bremen sieht dem digitalen Euro verhalten positiv entgegen und versucht, die Chancen zu ergreifen, die sich möglicherweise durch neue Geschäftsmodelle ergeben werden. Allerdings sei diese Haltung längst nicht in allen Banken und Sparkassen zu finden, sagte Pranjal Kothari, Vorstandsmitglied und Chief Digital Officer der Sparkasse. Es bestehe die Gefahr, dass den Finanzinstituten erhebliche Geldmengen entzogen würden, die dann nicht mehr für die Vergabe von Krediten zur Verfügung stünden. Darüber hinaus sei das politische Ziel, den digitalen Euro für alle Bürgerinnen und Bürger kostenlos nutzbar zu machen, eine potenzielle Belastung für Geschäftsbanken. Sie müssten entsprechende Leistungen anbieten, ohne Gebühren dafür erheben zu können.

Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Fonger stellte seine Befürwortung des digitalen Euro daher unter den Vorbehalt, dass die Kreditvergabe an Unternehmen nicht darunter leiden dürfe. Wichtig seien auch kostengünstige Nutzungsmöglichkeiten für den Handel, damit dieser nicht vor neue Belastungen gestellt werde. Wenn zusätzlich noch weitere Nutzungsfunktionen ermöglicht würden, sei das Vorhaben aus Sicht der Wirtschaft zu begrüßen.

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