Für seine herausragende empirische Studie über Crowdfunding als neue Form der Gründungsfinanzierung hat Daniel Blaseg, Assistenzprofessor an der ESADE Business School in Barcelona , den mit 10.000 Euro dotierten Wolfgang-Ritter-Preis 2020 gewonnen.
Zu welchen Ergebnissen sind Sie in Ihrer Dissertation gekommen?
Das Thema Crowdfunding hat sich als Finanzierungsmöglichkeit für junge Unternehmen etabliert; es belebt das Innovationsgeschehen und schafft neue Arbeitsplätze. Allerdings gibt es auch Misserfolge. Beispielsweise werden weit mehr als die Hälfte der Crowdfunding-Kampagnen nicht finanziert, und ein erheblicher Teil von ihnen erfüllt die in sie gesetzten Erwartungen nicht und scheitert an der Auslieferung. Ich habe untersucht, warum Unternehmer Crowdfunding nutzen und warum manche damit scheitern. Es zeigt sich, dass übermäßiger Optimismus der Gründer die Integrität des Crowdfunding-Marktes gefährdet; andererseits lassen Plattformen und Konsumenten teilweise zu wenig Sorgfalt bei ihrer Auswahl walten. Ziel der Arbeit ist es, durch die Problemanalyse frühzeitig Lösungsansätze zu entwickeln, um so das Vertrauen zwischen den Marktteilnehmern zu wahren und Crowdfunding als sozial und ökonomisch nachhaltiges Element der Finanzierung und Vermarktung des Mittelstands der Zukunft zu etablieren.
Was bedeutet der Wolfgang-Ritter-Preis für Sie?
Crowdfunding wird immer noch als temporäre Randerscheinung wahrgenommen. Dadurch wird leider viel Potenzial verschenkt. Die Auszeichnung ist nicht nur eine unglaubliche Ehre für mich, sondern sie wird hoffentlich auch dazu beitragen, Crowdfunding bei Entscheidungsträgern bekannter zu machen und damit als Instrument zur gemeinschaftlichen Gründungsfinanzierung weiter zu etablieren.
Schon eine Idee, was Sie mit dem Preisgeld machen werden?
Aktuell habe ich noch keinen konkreten Plan, aber Teile davon werden wieder in meine Forschung fließen. So möchte ich beispielsweise auch meine zukünftigen Publikationen per „open access“ allen Interessierten kostenlos zugänglich machen. Diese Kosten betragen oftmals rund 2.500 Euro.
Ihr wissenschaftliches Hauptinteresse gilt …?
den zahlreichen Herausforderungen bei der Finanzierung junger Unternehmen mit Hilfe alternativer Finanzierungsquellen wie Crowdfunding.
Welche wirtschaftswissenschaftliche Frage möchten Sie unbedingt noch beantworten?
Bankkredite sind nach wie vor eine der wichtigsten externen Finanzierungsquellen für Unternehmen. Allerdings fällt es Banken oftmals schwer, das Kreditrisiko neuartiger Geschäftsmodelle zu beurteilen, und sehr viele Unternehmen werden nicht mit den notwendigen Krediten versorgt. Sehr spannend ist für mich daher, inwieweit wir mit neuen Methoden und Kennzahlen diesen Prozess verbessern können. So bin ich fest davon überzeugt, dass zum Beispiel Daten über die bisherige Loyalität der Kunden eines Unternehmens einen wichtigen Indikator über die zukünftige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens darstellen und damit zur effizienteren Kreditvergabe genutzt werden können.
Der Wolfgang-Ritter-Preis, mit insgesamt 20.000 Euro der höchstdotierte deutsche Preis für wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, ist am 29. Oktober 2020 zum 35. Mal verliehen worden. Drei Dissertationen wurden ausgezeichnet, sie geben neue Antworten auf unterneh – merische Grundfragen: Finanzierung, Vertrieb und Marketing. Die Stiftung – gegründet von Wolfgang Ritter, einer großen Bremer Unternehmerpersönlichkeit – hat von 1985 bis heute bereits 90 Wissenschaftlerinnen und Wissen schaftler ausgezeichnet und seit Gründung 1970 rund 15 Millionen Euro an die verschiedensten Projekte, Preisträger und Wissenschaftler ausgeschüttet.