Wer Till Neumanns Räumlichkeiten am Osterdeich betritt, spart sich den Besuch mehrerer Museen. Das Büro ist mit seiner umfangreichen Fachbibliothek und den großen Schreibtischen zwar schon auf den ersten Blick als Schauplatz akribischer Arbeit zu erkennen, erweist sich aber auch als Fundgrube von besonderen Objekten mit außergewöhnlichen Geschichten.
Der Schrank? Eine Maßanfertigung des Bremer Kunsthandwerkers Peter Heidhoff. Das Fahrrad? Ein Unikat, das die Firma Campagnolo anlässlich ihres 50. Jubiläums für einen Tour-de-France-Teilnehmer ausgestattet hat. Die Tischlampe? Eine legendäre „EB 27“, die der Designer Edouard-Wilfred Buquet 1927 patentieren ließ und die auch auf dem Schreibtisch von Angela Merkel stand.
Till Neumann
52 Jahre
Till Neumann Klassische Philatelie
Inhaber
Fotografiert von Jörg Sarbach
„Ich würde mich schon als Sammlertyp bezeichnen“, sagt Neumann. Diese Neigung wurde bereits als Kind in ihm angelegt, als er zum siebten Geburtstag ein Briefmarkenalbum geschenkt bekam. Mit zwölf Jahren erwarb er auf dem Flohmarkt am Tiefer die ersten Marken und verkaufte sie an seinen Vater, der ihn aber bald bat, sich solventere Kunden zu suchen. Das tat Till Neumann mit 14 Jahren, und schon mit 19 meldete er einen Briefmarkenhandel als Gewerbe an. Inzwischen ist er ein international anerkannter Auktionator, Berater und Experte, insbesondere für die Fachgebiete Bremen und Alt-Schweiz. Die Suche nach Raritäten und die Anfragen von bedeutenden Sammlern führen ihn regelmäßig nach London, Paris und Zürich, aber auch in den USA finden viele wichtige Auktionen statt.
Die Philatelie sei „ein Kunstmarkt im Kleinen“, sagt Neumann. Ihn faszinieren besonders die ersten Briefmarken aus dem 19. Jahrhundert: „Sie sind ein Spiegel der Geschichte in einer spannenden Zeit“, betont er. „Damals explodierte die Globalisierung – die Welt wurde mit Hilfe von Briefmarken und einem weltumspannenden Postsystem erstmalig eng vernetzt.“ Das Sammeln komme auch seinem Sinn für Zahlen und Ordnungssysteme entgegen. Ganz oben stehe aber die Freude an Ästhetik – egal, ob bei Kunst, Möbeln, Münzen, Uhren, Fahrrädern oder Briefmarken. „Mich reizt die Ausgewogenheit. Das kann auch ein Sammelkonzept sein – zum Beispiel, Antiquarisches mit Modernem zu kombinieren und in dieser Mischung dennoch eine Klammer zu sehen. Das ist es, wie ich sammle und wie ich das Leben verstehe.“