Neue Chancen in Südostasien

Geopolitische Herausforderungen führen zurzeit zu einer Neuordnung der Weltmärkte. Eine Handelskammer-Delegationsreise nach Indonesien und Singapur zeigte im Mai das Potenzial der Region für bremische Unternehmen auf.

Indonesien verfügt über rund 280 Millionen Einwohner – mehr als dreimal so viele wie Deutschland. Auf internationaler Bühne tritt das Land jedoch nicht oft in Erscheinung, da es sich bis jetzt politisch abgeschottet hat. Das soll sich nun ändern: Die neue Regierung des drittgrößten demokratischen Staats der Welt will die wirtschaftlichen Beziehungen mit dem Ausland stärken. Über die Chancen, die sich daraus ergeben, informierte sich vom 3. bis 10. Mai eine norddeutsche Wirtschaftsdelegation unter Leitung von André Grobien, Präses der Handelskammer Bremen. Die 16-köpfige Delegation, die politisch von Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt begleitet wurde, besuchte anschließend auch Singapur.

„In global sehr schwierigen und herausfordernden Zeiten war es unser Ziel, neue Märkte zu erkunden, Chancen für unsere Unternehmen auszuloten und zu prüfen, in welchen Bereichen sich Indonesien und Singapur dafür anbieten“, sagte Präses Grobien. Das angestrebte EU-Freihandelsabkommen mit Indonesien gewinne zunehmend an Bedeutung. „Auch dieses Thema habe ich gemeinsam mit Senatorin Kristina Vogt und dem indonesischen Vize-Außenminister besprochen und die Chancen für eine vertiefte wirtschaftliche Zusammenarbeit erörtert“, berichtete Grobien.

Fünf Prozent Wirtschaftswachstum

Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt sieht angesichts der aktuellen Zoll-Auseinandersetzungen ebenfalls „einen hohen Diversifizierungsdruck für einen stark exportorientierten Standort wie Bremen“. Indonesien sei dabei ein Land mit erheblichem Entwicklungspotenzial, nicht zuletzt aufgrund der weiter expandierenden Bevölkerung und des jährlichen Wirtschaftswachstums von rund 5 Prozent. „Es gibt dort viele junge Menschen, die Arbeit suchen – sowohl in Indonesien selbst als auch in anderen Ländern.“

Besonders konkrete Anknüpfungspunkte haben sich laut Senatorin Vogt für die Unternehmen im Bereich Häfen und Kreislaufwirtschaft ergeben. „Auch der Besuch in Singapur hat uns zudem gezeigt, wie ambitioniert der Stadtstaat Zukunftsthemen wie Stadtentwicklung, Nachhaltigkeit und Innovationsförderung angeht“, so die Senatorin. „Beide Länder gehören zur Asean-Region, die bis 2030 voraussichtlich Japan in ihrer wirtschaftlichen Gesamtleistung überholen wird – ein klarer Hinweis darauf, wie wichtig verlässliche Partnerschaften im asiatisch-pazifischen Raum für Bremen künftig sein werden.“

Risikostreuung durch Erschließung neuer Märkte

Thomas Armerding, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hansa-Flex AG, ist bereits seit 30 Jahren geschäftlich in Asien aktiv und erwartet von Indonesien eine ähnliche Entwicklung wie in China und Indien zuvor. „Darauf sollten wir vorbereitet sein“, betonte er. In Singapur ist Hansa-Flex bereits mit einer kleinen Firma vertreten; die Delegationsreise ermöglichte nun auch neue Kontakte in der indonesischen Freihandelszone Batam.

Der Ausbau der Aktivitäten in Südostasien sei nicht zuletzt unter dem Aspekt der Risikostreuung für sein Unternehmen wichtig, sagte Armerding. Die große Verunsicherung, die im Moment von der US-Zollpolitik ausgehe, stelle für sein Unternehmen und dessen Kunden ein Problem dar.

Von der deutschen Politik wünscht sich Armerding, dass die Visa-Regelungen für ausländische Angestellte erleichtert werden. Wenn Unternehmen im Ausland etwas aufbauen wollen, werde es ihnen beispielsweise oft sehr schwer gemacht, Mitarbeitende für ein halbes Jahr nach Deutschland zu holen, um sie auszubilden.

Großer Bedarf im Bereich Entsorgung und Recycling

Die aufstrebende Wirtschaft von Indonesien und die wachsende Bevölkerung stellen auch eine Herausforderung für die Umwelt dar – der dringende Handlungsbedarf wird auch von der dortigen Regierung erkannt. Deutsche Unternehmen mit Expertise in den Bereichen Entsorgung und Recycling stoßen daher auf großes Interesse, wie Christian Dinter, Geschäftsführer der Rodiek & Co. GmbH, berichtete. Die Nehlsen-Tochter leistet internationales Consulting zum Thema Kreislaufwirtschaft und ist unter anderem bereits in Afrika aktiv.

„Durch die kompakte Form dieser Reise entstanden viele wertvolle Möglichkeiten für tiefgehende Kontakte“, sagte Dinter. „Besonders beeindruckt haben mich die heterogene Zusammensetzung der Teilnehmergruppe und die vielseitige Terminplanung. Dadurch konnte ich unterschiedliche Eindrücke und Perspektiven direkt mit den anderen Teilnehmern diskutieren. Diese Erfahrung möchte ich auch anderen Unternehmerinnen und Unternehmern ans Herz legen.“

Verfügbare Fachkräfte ein klarer Standortvorteil

Bereits jetzt unterhalten rund 100 bremische Unternehmen Handelsbeziehungen mit Indonesien, wobei der Import deutlich überwiegt. „Man erkennt das Potenzial“, betonte Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Fonger. „Wir können noch deutlich mehr erreichen, wenn wir als bremische Wirtschaft dort stärker präsent sind.“

Besonders in Indonesien sei der Zugang zu verfügbaren Fachkräften nach wie vor ein klarer Standortvorteil, hob er hervor. „Wer sich in Indonesien engagieren möchte, sollte jedoch wissen, dass es sich um einen herausfordernden Markt handelt, der Geduld und langfristiges Engagement erfordert. Als Handelskammer stehen wir unseren Mitgliedsunternehmen dabei zur Seite und unterstützen sie gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen der Deutschen Auslandshandelskammern in Jakarta und Singapur — sei es beim Markteinstieg, beim Aufbau von Handelsbeziehungen oder der Suche nach verlässlichen Geschäftspartnern.“

Kontakt:
Torsten Grünewald, Tel. 0421 3637-250
gruenewald@handelskammer-bremen.de