Einzelhändler und Gastronomen kommen längst nicht mehr daran vorbei, ihren Kunden moderne Möglichkeiten der Bezahlung anzubieten. Angesichts der ständig neu aus dem Boden schießenden Optionen ist es jedoch nicht leicht, die beste Lösung für das eigene Unternehmen zu finden – und dann technisch immer auf dem neuesten Stand zu bleiben.
Die Handelskammer Bremen lud daher am 20. November in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung Bremen zu einem Infotag ein, der nicht nur theoretische Informationen bereithielt, sondern auch die Möglichkeit zum Ausprobieren innovativer Zahlungssysteme direkt vor Ort bot.
Vorteile für den Handel und die Kundschaft
Kundinnen und Kunden im Einzelhandel und der Gastronomie erwarten heute die Verfügbarkeit elektronischer Zahlungssysteme, wie Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Fonger in seiner Begrüßung der Teilnehmenden hervorhob. Dies gelte insbesondere für Gäste aus dem Ausland. An die Unternehmerinnen und Unternehmer gerichtet sagte er: „Aber die modernen Zahlungssysteme bieten ja auch Ihnen Vorteile, nicht nur Ihren Kunden.“ Effizienzsteigerung, Kostenersparnis und eine verbesserte Kundenerfahrung spielten bei der Einführung dieser Systeme eine wichtige Rolle, erläuterte er.
In Deutschland tragen Erwachsene im Durchschnitt bereits zwei bis drei Bezahlkarten im Portemonnaie. Jede dritte Person zahlt sogar bereits mit dem Smartphone. „Beim Bezahltwerden sieht es allerdings etwas anders aus“, berichtete Anna Raedler, Head of Consumer Payment Solutions CE von Visa Europe, in ihrer Keynote. Die Akzeptanz digitaler Zahlungsmethoden liege weit hinter Ländern wie Norwegen, U.K. oder Polen zurück.
Hartnäckige Mythen rund um das digitale Bezahlen
Den Grund dafür sieht sie in einigen Mythen, die sich hartnäckig halten. Auf Kundenseite sei dies beispielsweise der Glaube, dass bargeldloses Bezahlen unsicherer sei und dass man aufgrund vermeintlicher Datenweitergabe „gläsern“ werde, sagte sie. Beides sei jedoch nicht der Fall – man sei mit Kreditkarten sogar besser vor Diebstahl geschützt.
Die im internationalen Vergleich geringe Akzeptanz seitens der Händlerinnen und Händler führt Raedler auf andere Missverständnisse zurück. So seien einige noch überzeugt, keine internationale Kartenakzeptanz zu brauchen, um erfolgreich zu sein; Bargeld und EC-Karte würden reichen. Allerdings werde dabei unterschätzt, wie viele internationale Bezahlkarten schon im Markt sind, so Raedler. Mehr als 16 Millionen EC-Karten seien mittlerweile durch VISA-Debitkarten ersetzt worden, und Mastercard-Debitkarten seien ebenfalls weit verbreitet. Wer sich als Geschäftsinhaber auf die EC-Karte beschränke, verliere potenziell einen großen Teil dieser Kundinnen und Kunden.
Dass die Akzeptanz von Kartenzahlungen – wie oft geglaubt – teuer ist, sieht Raedler nicht. Die Gebühren seien in den vergangenen Jahren stark gesunken. Auch brauche man kein Terminal mehr, sondern könne die Zahlungen inzwischen per Smartphone annehmen. Eine echte Hürde sei es allerdings, das passende Kundenakzeptanzangebot zu finden. In Deutschland sei dieser Markt sehr unübersichtlich. VISA habe daher mit Payved.de eine Vergleichsplattform gestartet.
Asiatische Kundinnen und Kunden im Blick behalten
Mit Mastercard und Visa sind fast alle Einzelhändler und Gastronomen vertraut, allerdings drängen auch neue „global Player“ auf den Markt, vor allem aus Asien. Wer beispielsweise regelmäßige chinesische Kunden hat oder haben möchte, kommt an Alipay kaum noch vorbei. Veronique Haßler, Business Development Manager Alipay+ DACH & CEE, führte den Teilnehmenden vor Augen, wie umfassend das System bereits in den Alltag vieler asiatischer Bürger eingedrungen ist. Vom digitalen Bezahlen über die Reservierung eines Restaurants und das Einlösen eines Gutscheins bis hin zum Bestellen eines Taxis könne alles über eine einzelne Plattform abgewickelt werden. Alipay+ sei eine „Super App“, die zahlreiche andere Bezahlsystem und Dienstleistungsangebote in sich vereine.
Durch seine weite Verbreitung biete die Plattform Zugang zu 1,6 Milliarden potenziellen Kundinnen und Kunden, betonte Haßler. Besonders für die Ansprache asiatischer Besucherinnen und Besucher in Bremen sei dies eine wichtige Marketingmöglichkeit. „Die sind viel am Handy und schauen, was Bremer Händler zu bieten haben“, sagte sie. Diesen Punkt unterstützte auch Oliver Rau, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Bremen. Chinesische Gäste hätten im letzten Jahr 3 Milliarden Euro in Deutschland ausgegeben, berichtete er. „Und die bringen kein Bargeld mit.“
Digitaler Euro kommt wahrscheinlich 2028
Perspektivisch werden sich Unternehmen auch mit dem Digitalen Euro befassen müssen. Vor 2028 werde der zwar nicht kommen, aber 2025 sollen seitens der EU bereits die entscheidenden Weichen gestellt werden. Ziel ist es, Europa resilienter gegenüber den USA und China zu machen, indem ein eigenes übergreifendes Zahlungssystem eingeführt wird. „Wir haben durch die Corona-Pandemie und den russischen Angriffskrieg gesehen, dass wir zu abhängig sind“, sagte Fabian Gieseke vom Stab der Präsidentin bei der Bundesbank-Filiale Hannover.
Der Digitale Euro soll weitgehend wie Bargeld funktionieren: Es wird voraussichtlich ein gesetzliches Zahlungsmittel sein, das überall akzeptiert werden muss. Man wird damit im Geschäft bezahlen können, im Online-Shop und im privaten Umfeld. Die Privatsphäre der Nutzerinnen und Nutzer werde geschützt bleiben, weil die Zentralbanken kein Interesse am Datensammeln hätten, so Giesike. Für die Händlerinnen und Händler würden die Gebühren voraussichtlich geringer ausfallen als bei den kommerziellen Plattformen, was wiederum auch dort zu sinkenden Preisen führen könne. Die Abwicklung funktioniere jedoch über die gewohnten Online-Bankingplattformen. Dort werde man einfach eine weitere Rubrik haben, zusätzlich zum Girokonto und zur Kreditkarte.
Im Anschluss berichteten weitere Referentinnen und Referenten von konkreten Lösungen und Innovationen für den Einzelhandel und die Gastronomie. Fragen zu diesem Thema beantwortet:
Olaf Regener
Handelskammer Bremen
Tel: 0421 3637-406
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